Der US-Präsident relativiert seine Äußerungen zu Moscheenbau und demonstriert Gelassenheit angesichts der Ölkatastrophe

Hamburg/Washington. US-Präsident Barack Obama hat die politische Sprengkraft des Streits um den geplanten Bau einer Moschee und eines islamischen Gemeindezentrums unweit von Ground Zero in New York, wo einst die Zwillingstürme des World Trade Centers gestanden hatten, offenbar massiv unterschätzt. Obama habe sich angesichts ätzender Kritik zu einer hastigen "Rekalibrierung" seiner bisherigen Äußerungen gezwungen gesehen, wie die "New York Times" genüsslich formulierte. Der Präsident sei in weit trügerischeres Wasser gewatet, als ihm klar gewesen sei.

Barack Obama hatte die Pläne für den Bau des 100 Millionen Dollar teuren und 13 Stockwerke hohen Islam-Zentrums zuvor verteidigt, indem er erklärte, die Religionsfreiheit für Muslime in den USA beinhalte auch das Recht, ein derartiges Gotteshaus in Manhattan zu errichten. Prominente republikanische Politiker wie auch Hinterbliebene von Opfern der Terroranschläge vom 11. September 2001 reagierten empört und warfen Obama vor, damit den Rahmen des "politisch korrekten" Handelns zu verlassen.

Gestern nun erklärte Obama, er habe die "Weisheit" des Planes, dort eine Moschee zu errichten, überhaupt nicht kommentiert und werde dies auch nicht tun. Er habe sich nur ganz allgemein zu den Bürgerrechten geäußert. Doch angesichts dieser Unsicherheit des Präsidenten wittern die Republikaner Blut im Wasser und greifen weiter an. Der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, beschuldigte Obama gar der "Zuhälterei zugunsten des radikalen Islam".

Der Streit hat eine tiefere Bedeutung. Die USA sind das Land der Symbole, deren wirkmächtigstes wohl die allgegenwärtige Nationalfahne darstellt. Derartige Bedeutungsträger stehen in Amerika vor allem für die geheiligten Werte. Dies wissend, hatte sich ihr derzeitiger Präsident einst im Wahlkampf selber zum lebenden Symbol ernannt - nämlich "der besten Traditionen" seines Landes. Er hatte seine Kandidatur sogar unter ein eigenes Symbol gestellt - einer aufgehenden Sonne in den Nationalfarben.

Barack Obama, der zum Symbol eines erhofften Wandels wurde, nutzt Symbolik auch im Amtsalltag. So lanciert er bewusst Fotos seines scheinbar unbeschwerten Urlaubs mit Familie, um den Amerikanern die Botschaft zu injizieren, dass sie trotz Afghanistankrieg, Finanz- und Ölkatastrophe Anlass zu unbeschwertem Optimismus haben. Umso erstaunlicher ist Obamas Tritt-Unsicherheit im Umgang mit dem New Yorker Ground Zero, einem Ort gewaltiger Symbolkraft. Dass muslimische Verbände ausgerechnet unweit jener Stelle, an der mehr als 2000 Amerikaner durch die Hand mörderischer Islamisten starben, ein hoch aufragendes islamisches Zentrum samt Moschee errichten wollen, ist angesichts der tiefen amerikanischen Wunden schon ein etwas unglückliches Vorhaben. Rund 70 Prozent der Amerikaner lehnen das Projekt ab.

Bei seinem Versuch, Islam und Westen auszusöhnen, verstrickt sich Barack Obama allmählich heillos im dornigen Dickicht der Realität. Während er immer mehr militärische Geheimoperationen in islamischen Staaten anordnet, liefert er daheim jenen Gegnern reiche Munition, die seine Politik unbedingt mit seinem zweiten Vornamen Hussein verknüpfen wollen. Seine Verlautbarungen zum Moscheebau im Stil einer Springprozession - zwei Schritte vor, einen zurück - wirken nicht eben souverän. Der republikanische Politikberater John Feehery sprach von einem groben Patzer. Obama bestätige damit nur die Ängste jener Leute, die ihn ohnehin für einen verkappten Muslim hielten.