Afghanistan-Krieg kostet immer mehr Zivilisten das Leben

Berlin/Kabul. Trotz der Zahlungen der Bundeswehr an die Angehörigen der Kundus-Opfer will deren Anwalt klagen. "Das kann nicht mehr als eine Art Vorschuss sein. Das hindert uns nicht an einer Klage", sagte der Bremer Jurist Karim Popal gestern. Am Freitag werde es ein weiteres Treffen mit dem Verteidigungsministerium geben. Er hat nach eigenen Angaben knapp 80 Vollmachten von Mandanten.

Bei dem Bombardement zweier Tanklaster nahe dem nordafghanischen Kundus am 4. September 2009 kamen nach neuen Zahlen auch der Bundeswehr 91 Menschen ums Leben, elf wurden schwer verletzt. Im offiziellen Isaf-Bericht war von bis zu 142 Toten oder Verletzten die Rede.

Das Verteidigungsministerium will die Summe von jeweils 3800 Euro nicht als Entschädigung für die toten und verletzten Afghanen verstehen. Es handele sich um eine freiwillige humanitäre Hilfsleistung und nicht um eine "Entschädigung im Rechtssinne", hieß es auf der Bundeswehr-Homepage ( www.bundeswehr.de ). Die Gesamtsumme beläuft sich auf knapp 327 000 Euro.

Anschläge und Angriffe der Aufständischen in Afghanistan haben erneut zu einer dramatischen Zunahme von zivilen Opfern geführt. Bis Ende Juni hätten Aufständische oder ausländische und einheimische Sicherheitskräfte insgesamt 1271 Unbeteiligte getötet, weitere 1997 seien verletzt worden.

Aufständische wie die Taliban seien für 76 Prozent dieser Fälle verantwortlich, was einer Zunahme um 53 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009 entspreche, heißt es im Uno-Halbjahresbericht zum "Schutz von Zivilisten im bewaffneten Konflikt". Ausländische und einheimische Sicherheitskräfte haben den Angaben zufolge zwölf Prozent der zivilen Opfer zu verantworten. Das sei ein Minus von 30 Prozent verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, teilte die Uno weiter mit. Die fehlenden zwölf Prozent wurden keiner der Konfliktparteien zugeordnet.