Ärzte warnen, die Gefahr der radioaktiven Strahlung sei jahrelang unterschätzt worden

Tokio. Drei Tage nach Hiroshima hat gestern auch Nagasaki an den Atombombenabwurf vor 65 Jahren erinnert. Mit einer Schweigeminute gedachten die Menschen in der japanischen Stadt der rund 80 000 Toten. Zur Gedenkfeier kamen Vertreter aus 32 Nationen, darunter erstmals Repräsentanten der Atommächte Großbritannien und Frankreich. US-Botschafter John Ross habe wegen seines vollen Terminplans nicht teilnehmen können, teilte die US-Botschaft mit. Am Freitag hatte er als erster Vertreter einer US-Regierung die Gedenkfeier in Hiroshima besucht.

Bei dem Festakt in Nagasaki forderte Bürgermeister Tomihisa Taue in einer Rede die Abschaffung aller Atomwaffen. "Nagasaki wird gemeinsam mit Hiroshima so lange alle Anstrengungen unternehmen, bis die Welt frei von Atomwaffen ist", sagte er. Um genau 11.02 Uhr Ortszeit, an dem Zeitpunkt, als am 9. August 1945 die von einem US- Bombenflugzeug abgeworfene Atombombe mit dem Codenamen "Fat Man" über der Stadt explodiert war, legten die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung eine Schweigeminute ein.

Die Langzeitfolgen des Atombombenabwurfs waren laut einem aus Anlass dieses Jahrestags veröffentlichten Überblickspapier der Organisation Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg schlimmer als bislang angenommen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Gefahr radioaktiver Strahlung jahrelang unterschätzt worden sei. Grund dafür seien Fehler in der statistischen Auswertung der Untersuchungsdaten von Atombombenopfern durch das japanische Forschungsinstitut für Strahlenfolgen (RERF). Die Daten des RERF dienten unter anderem auch der Internationalen Kommission für Strahlenschutz als Grundlage zur Festlegung von Strahlengrenzwerten.

In Hiroshima wurden beim ersten Einsatz einer Atomwaffe rund 80 000 Menschen sofort getötet; in den folgenden Monaten erhöhte sich die Zahl der Opfer auf 140 000. Am 15. August 1945 kapitulierte Japan, damit endete der Zweite Weltkrieg.