Nairobi. In Kenia zeichnet sich eine deutliche Mehrheit für die neue Verfassung ab. Nach Auszählung von acht Millionen Stimmen votierten fast 70 Prozent der mehr als zwölf Millionen Wahlberechtigten für das als überfällig angesehene Dokument, das den Reformprozess in dem ostafrikanischen Land beschleunigen soll.

Der kenianische Erziehungsminister William Ruto, der Führer der Verfassungsgegner, gestand gestern noch vor Bekanntgabe eines offiziellen Endergebnisses die Niederlage seiner Gruppe ein. "Die Kenianer haben entschieden, und wir respektieren die Entscheidung", betonte Ruto. Nun sei nicht die Zeit zu klagen, "sondern uns zu vereinen und das Land nach vorne zu bringen". Zuvor hatte der Reform-Anführer, Energieminister Kiraitu Murungi, den Sieg der neuen Verfassung gefeiert und ebenfalls zur Überwindung der politischen Gräben aufgerufen: "Es gibt eine neue Republik, ein Kenia, wonach sich die Kenianer gesehnt haben."

Die neue Verfassung beschneidet die Macht des Präsidenten, stärkt die Rolle der Justiz, teilt das Land in 47 Provinzen, führt eine zweite Parlamentskammer ein und stellt die Weichen für eine Landreform. Die Bürgerrechte werden garantiert. Auf kirchlichen Widerstand stößt die Zulassung der Abtreibung aus medizinischen Gründen und die Anerkennung islamischer Familiengerichte.

Zweieinhalb Jahre nach den von blutigen Unruhen überschatteten Präsidentenwahlen im Dezember 2007 war das Referendum von Ängsten vor neuer Gewalt begleitet worden. Die Wahl selbst verlief aber friedlich, ohne größere Zwischenfälle. Die Wahlleitung bemühte sich um größtmögliche Transparenz. Fernseh- und Radiosender berichteten rund um die Uhr live über Einzelergebnisse. Zehntausende Polizisten hatten den Urnengang gesichert, vor allem im zentralkenianischen Rift Valley, das nach den Präsidentenwahlen Schwerpunkt brutaler ethnischer Gewalt war. Das Rift Valley ist die einzige Region Kenias, in der die neue Verfassung auf breite Ablehnung stieß - mehr als eine Million Menschen stimmten dort gegen die Verfassung, 654 000 Wähler billigten sie.