Die Ex-Kandidatin für das Präsidentenamt hatte 6,8 Millionen Dollar von Kolumbien gefordert. Doch jetzt will sie sich versöhnen.

Die frühere FARC-Geisel Ingrid Betancourt hat sich unter Tränen für ihre Forderung nach einer Millionenentschädigung für ihre jahrelange Gefangenschaft entschuldigt. „Nie, niemals wollten wir diejenigen angreifen, die mich befreit haben“, sagte sie in einem Interview mit dem kolumbianischen Sender Caracol. Sie versicherte, keine weiteren Schritte gegen den Staat zu planen und weiter eine Aussöhnung anzustreben.

„Von Anfang an haben wir in meinem Fall entschieden, dass wir den kolumbianischen Staat nicht verklagen werden“, sagte Betancourt. Sollte eine außergerichtliche Einigung im Konflikt über das Verhalten des Staates zum Zeitpunkt ihrer Entführung durch die FARC-Rebellen vor mehr als acht Jahren nicht gelingen, werde sie keine weiteren Schritte unternehmen. Sie „bedauere“, vom Staat eine Millionenentschädigung für ihre jahrelange Gefangenschaft verlangt zu haben.

Die frühere Präsidentschaftskandidatin war im Februar 2002 inmitten ihres Wahlkampfs verschleppt worden. Betancourt wirft der Regierung daher vor, nicht ausreichend für ihre Sicherheit gesorgt zu haben. „Sie haben mir meine Bodyguards weggenommen“, sagte sie im Fernsehen. „Wenn der Staat bedacht hätte, wie gefährlich das ist, hätten sie sie mir sicher gelassen.“

Am Freitag war nun bekanntgeworden, dass Betancourt umgerechnet rund 5,5 Millionen Euro an Entschädigungen für sich und ihre Familie von der Regierung in Bogotá forderte. Damit sollten die von ihr erlittenen finanziellen und psychischen Schäden ausgeglichen werden. Vizepräsident Francisco Santos bezeichnete Betancourt daraufhin als „undankbar“ und erklärte, er selbst sei „traurig, wütend und enttäuscht“. Daraufhin war bereits Betancourts Anwalt zurückgerudert und hatte Abstand von den Forderungen genommen. Die Franko-Kolumbianerin war am 2. Juli 2008 aus der Hand der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) gemeinsam mit 14 weiteren Geiseln in einer gefährlichen Aktion des Militärs befreit worden.

Betancourt sagte im Interview mit Caracol weiter, sie wolle lediglich klarstellen, was passiert sei. Zudem wolle sie mit der Debatte dazu beitragen, dass das, was ihr selbst widerfahren sei, sich nicht wiederhole. Sie habe gehofft, so anderen ehemaligen Geiseln, die eventuell ähnliche Forderungen an den kolumbianischen Staat stellen könnten, den „Weg zu ebnen“.

Die 1964 gegründete FARC-Guerilla ist die bedeutendste Rebellenorganisation Kolumbiens. Dem kolumbianischen Verteidigungsministerium zufolge verfügt sie noch über rund 7500 Kämpfer. Bei Kämpfen zwischen Rebellen und dem Militär wurden am Sonntag 22 Menschen getötet, darunter zwölf Rebellen. Die Auseinandersetzungen ereigneten sich nach Armeeangaben im Zentrum und im Osten des Landes. Einer der Angriffe von Armee und Polizei richtete sich gegen die Leibwächter von FARC-Chef Alfonso Cano. Bei den Kämpfen in der bergigen Provinz Tolima sei unter anderem der Chef dieser Gruppe getötet worden, erklärte das Militär. Unter den Opfern waren demnach auch Frauen. Kolumbiens Generalstabschef Freddy Padilla bezeichnete den Tod des führenden Leibwächters als „schweren Schlag für die FARC-Guerilla“. Zehn Soldaten starben bei weiteren Kämpfen mit den Rebellen in der östlichen Provinz Arauca an der Grenze zu Venezuela.