Polen bestimmt einen Nachfolger für das tödlich verunglückte Staatsoberhaupt Lech Kaczynski

Warschau. Bei der Präsidentenwahl in Polen zeichnet sich nach ersten Prognosen ein Sieg des liberalen Bronislaw Komorowski ab. Die Nachwahlbefragungen von zwei Fernsehsendern sahen Komorowski gestern Abend in der Stichwahl mit mehr als 50 Prozent der Stimmen klar vor seinem nationalkonservativen Rivalen Jaroslaw Kaczynski von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Der Zwillingsbruder des vor knapp drei Monaten bei einem tragischen Flugzeugabsturz getöteten Staatschefs Lech Kaczynski gestand seine Niederlage ein und gratulierte Komorowski bereits zu seinem Sieg.

Laut den Nachwahlbefragungen des Staatssenders TVPInfo und des Privatsenders TVN24 entfielen auf den 58-jährigen Übergangspräsidenten Komorowski 53,1 Prozent beziehungsweise 51,09 Prozent der Stimmen. Kaczynski kam demnach auf 46,9 Prozent beziehungsweise 48,91 Prozent. Mit 52,4 Prozent war die Wahlbeteiligung deutlich höher als erwartet.

"Dies ist ein Sieg für die polnische Demokratie", rief Komorowski in einer ersten Reaktion auf die Prognosen seinen Anhängern in seiner Wahlkampfzentrale in Warschau zu. "Heute werden wir eine kleine Flasche Champagner öffnen, morgen dann eine große", sagte er am Abend - heute wird das amtliche Ergebnis veröffentlicht. Als Präsident wolle er nicht spalten, sondern eine Gemeinschaft aufbauen, sagte Komorowski. Er sieht in der EU statt in den USA den Schwerpunkt polnischer Außenpolitik und will die Aussöhnung mit Russland trotz historischer Belastungen vorantreiben.

Komorowski hatte bereits bei dem ersten Wahlgang am 20. Juni mit 41,5 Prozent der Stimmen vorn gelegen, die notwendige absolute Mehrheit aber verfehlt. Kaczynski landete damals mit 36,5 Prozent auf dem zweiten Platz. Da der sozialdemokratische Kandidat Grzegorz Napieralski beim ersten Wahlgang mit mehr als 13 Prozent überraschend gut abgeschnitten hatte, warben Komorowski und Kaczynski vor der Stichwahl insbesondere um linksgerichtete Wähler.

Zwischenzeitlich konnte Kaczynski den Abstand zu seinem Gegner aus dem bürgerlichen Regierungslager stark verringern. Kurz vor der Wahl hatte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen abgezeichnet.