Julia Gillard hat mit einer Parteirevolte Kevin Rudd gestürzt

Canberra. Der australische Ministerpräsident Kevin Rudd ist in einer parteiinternen Revolte von seiner Stellvertreterin gestürzt worden. Der in ein Umfragetief abgestürzte Labour-Chef trat gestern zwölf Stunden nach dem überraschenden Vorstoß von Julia Gillard gar nicht mehr zu einer Neuwahl des Parteivorsitzenden an. Die 48-Jährige wurde auf einem Sonderparteitag zur neuen Chefin der Labour-Partei gewählt und übernahm damit automatisch das Amt des Premiers. Damit regiert nun erstmals eine Frau den fünften Kontinent.

Der Sturz eines weitgehend erfolgreichen Regierungschefs wenige Monate vor einer Parlamentswahl hat die australische Öffentlichkeit verblüfft. Rudd wurde 2007 von seiner Partei gefeiert, weil er sie nach elf Jahren aus der Opposition führte. Als erste Amtshandlung unterzeichnete er das Kyoto-Protokoll, beim Kopenhagener Klimagipfel spielte er eine wichtige Rolle. Doch in den letzten Wochen stürzte seine Popularität wegen eines Streits über Emissionshandel - seine Vorlagen scheiterten dreimal im Parlament - und eine Extrasteuer auf die hohen Gewinne der australischen Bergbauindustrie ab.

"Ich habe meine Kollegen gebeten, einen Führungswechsel herbeizuführen, weil ich glaube, dass eine gute Regierung dabei war, sich zu verrennen", sagte Gillard. "Da wollte ich nicht tatenlos zusehen." Bei ihrer Vereidigung wenig später am Regierungssitz in der Hauptstadt Canberra sagte sie, sie werde ihrem Land und den Menschen als Regierungschefin dienen. Zugleich kündigte sie Wahlen "in den kommenden Monaten" an, da sie "nicht vom australischen Volk gewählt" worden sei. Als ihr Stellvertreter wurde Finanzminister Wayne Swan vereidigt.

Als erste Amtshandlung zeigte sich Gillard im erbitterten Streit um die Bergbausteuer verhandlungsbereit. BHP Billiton, der weltweit größte Bergbaukonzern, stellte daraufhin seine Kampagne gegen die Steuer ein. Außerdem kündigte Gillard an, dass sie sich weiter für einen Emissionshandel einsetzen wolle. Sie werde nach einem Konsensmodell dafür suchen, welchen Preis Schadstoffausstoß haben solle, sagte sie.

Nach der Abstimmung über den Parteivorsitz sagte die Juristin beim Verlassen des Parlaments vor Journalisten, sie fühle sich "sehr geehrt". Rudd trat hingegen sichtlich bedrückt vor die Öffentlichkeit. "Ich habe mein absolut Bestes gegeben", sagte er in seiner letzten Rede als Premier an der Seite seiner Familie.