Merkel, Monti, Hollande, Rajoy: Die Spitzen der vier großen Volkswirtschaften treffen sich am Freitag, um den EU-Gipfel vorzubereiten - in zwei Stunden.

Rom. Brütende Hitze und ein nervender Streik im öffentlichen Nahverkehr Roms lähmen die Ewige Stadt, nicht jedoch die Spitzen der „Big Four“ Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Wenige Tage nach dem G20-Gipfel in Los Cabos und eine Woche vor dem nächsten Brüsseler Krisentreffen sind sie in der etwas luftiger am Nordosthang des Monte Mario gelegenen Villa Madama verabredet. Angela Merkel, François Hollande, Mario Monti und Mariano Rajoy wollen zu viert versuchen, Lösungswege aus Europas Krise zu finden. Monti sieht die Zeit davonlaufen und versucht vorab noch Dampf zu machen: Die politisch-wirtschaftliche Zukunft stehe auf dem Spiel.

Dem kranken Patienten Europa den Puls zu messen, über Initiativen für Wachstum als Stärkungsmittel zu beraten und den Hilferuf schwacher Glieder – Italien und Spanien – nach Unterstützung an den Anleihemärkten zu erhören – darum sollte es in der feinen Villa aus dem 16. Jahrhundert gehen. Schafft es Griechenland? Wie sieht es aus mit der Rückendeckung für eine Finanztransaktionssteuer? Ein Nebeneffekt dieses römischen Treffens müsste es sein, Monti so den Rücken zu stärken. Italien darf nicht einknicken.

Seit gut einem halben Jahr im Amt, sieht sich der „Technokrat“ und frühere EU-Kommissar in der Rolle eines Mittlers: Er bejaht sehr wohl Merkels Forderung nach starker Ausgabenkontrolle, hat Sparpakete in Italien durchgeboxt. Er stützt aber auch französische Vorstellungen, Milliarden an EU-Geldern für schwächelnde Länder locker zu machen, sein Italien in der Rezession eingeschlossen. Wachstum müsse her, wird der Mann mit der ruhigen Stimme nicht müde zu erklären. Und: Italien habe seine Hausaufgaben gemacht, Europa sei nun an der Reihe.

In Interviews mit sechs führenden Tageszeitungen Europas sagt Monti, dass es bei dem Vierer-Treffen in Rom wie auf dem EU-Gipfel Ende kommender Woche um alles oder nichts gehe: Werden die Euro-Probleme nicht behoben, könnte sich die öffentliche Meinung abwenden, auch seine Reformregierung in Rom gefährdet sein. Und er spricht einen fiktiven „Herrn Müller“ an. Dieser könne Italien sehr wohl vertrauen, wirbt Mario Monti für deutsche Rückendeckung.

Griechenland sollte nicht nur in Rom Thema sein, sondern auch in Danzig. „Zugeständnis an Angela“ nannte die Turiner „La Stampa“ den Gipfel-Zeitplan. Das Treffen sollte auf Wunsch des Fußballfans Angela Merkel schon nachmittags enden – und nicht wie vorgesehen abends. Nach dem Vierer-Gipfel war damit vor dem Spiel: Die Kanzlerin wollte zur EM-Viertelfinalpartie Deutschland gegen Griechenland ins polnische Danzig fliegen. Dort freilich ist sie nur Zuschauerin.

Das Treffen der Mittelmeerländer und Deutschlands auf Einladung Montis wurde mehrfach verschoben, mal aus Termingründen, ein anderes Mal wegen des Wahlkampfes in Frankreich. Viel Zeit nehmen sich die Vier in Rom trotz aller Probleme nicht. Zwei Stunden einschließlich Pressekonferenz wurden eingeplant. Inzwischen sind die Töne auch zwischen Berlin und Rom schärfer geworden. Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble lehnen es strikt ab, dass Hilfen der Euro-Rettungsfonds EFSF/ESM ohne Auflagen gewährt werden.

Dabei geht es um die 2011 geschaffene Möglichkeit, dass EFSF oder ESM Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder aufkaufen, um für Entlastung bei den Zinsen zu sorgen. Monti und Co. wollen dafür aber nicht formal unter den Rettungsschirm schlüpfen und so mögliche Reform- und Sparauflagen umgehen. In Berlin heißt es nüchtern: Die Regeln seien bekannt, die von den Euro-Regierungen beschlossenen Instrumente könnten nicht je nach Belieben wieder geändert werden.

Auch in Rom dürfte Merkel wiederholen: Keine Hilfen ohne Gegenleistung. Das hatte sie schon dem spanischen Premier Rajoy klar gemacht, der Bankenhilfen ebenfalls möglichst ohne Auflagen erhalten will. Er wie Monti argumentieren, beide Länder hätten ehrgeizige Reformen auf den Weg gebracht. Auch gehe es schließlich nicht um Rettungshilfen für das gesamte Land – wie im Fall Griechenland.

Von Merkel werden Zugeständnisse erwartet. „Die europäischen Staaten bewegen sich und sind dabei, sich neu zu positionieren“, hatte Monti von Los Cabos aus optimistisch erscheinen wollen. Das Vierer-Treffen solle eines der „Annäherung“ vor Entscheidungen in den nächsten Tagen sein. Also eher keine Beschlüsse der großen Vier, denn das sähe nach einem „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ aus. Nach einer Idee also, zu der sich auch Bundespräsident Joachim Gauck kürzlich in Rom kritisch geäußert hatte. Es sollte also ein wichtiger Zwischengipfel bleiben. (dpa/abendblatt.de)