Weg zur Koalition in Griechenland wird dennoch nicht einfach

Athen. "Uff! Sieg der Nea Dimokratia" titelte gestern die Athener Boulevardzeitung "Dimokratia". In dem Stoßseufzer spiegeln sich nach den Wahlen die Hoffnungen vieler Griechen, dass das Land nach dem Erfolg der Konservativen endlich eine handlungsfähige Regierung bekommen könnte. Und die ist dringend nötig: Das Gesundheitssystem bricht zunehmend zusammen. Geld für Renten und Löhne gibt es nur noch bis Mitte Juli, die Kriminalität steigt, und die Arbeitslosigkeit liegt bei 23 Prozent. "Das Land darf nicht einen Tag mehr ohne Regierung bleiben", sagte der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias.

Der Auftrag der Griechen an die Nea Dimokratia ist kein Blankoscheck fürs Durchregieren. Die Botschaft der Wähler ist dieselbe wie schon vor sechs Wochen: Keine Partei hat eine eigene Mehrheit, deswegen: Kooperiert! Griechenland kommt nicht aus der Krise, ohne dass möglichst viele Parteien an einem Strang ziehen. Das Land soll den Euro behalten, das Sparprogramm muss aber gelockert werden, lautete die Nachricht der Griechen an die Politiker.

Federführend soll nach dem Willen der Griechen die konservative Partei Nea Dimokratia (ND) sein. Sie wurde stärkste Kraft mit 29,66 Prozent (Mai: 18,85 Prozent). Der Chef der Nea Dimokratia, Antonis Samaras, ging gleich gestern zum Staatspräsidenten und erhielt das Mandat zu Sondierungsgesprächen über die Bildung einer Koalitionsregierung. Für Samaras sind alle Parteien koalitionsfähig, die ihn darin unterstützen, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt, die Reformen weiterführt und eine Lockerung des Sparprogramms auszuhandeln versucht. Diesmal scheint der Boden stabiler als vor sechs Wochen zu sein. Damals hatten die klar proeuropäischen Konservativen und Sozialisten (Pasok) mit 149 von 300 Sitzen keine Mehrheit im Parlament. Damit waren sie angewiesen auf die Stimmen kleinerer Parteien. Jetzt haben sie gemeinsam 162 Abgeordnete. Eine Koalition zu bilden ist aber nicht allein eine Frage rechnerischer Mehrheiten.

Die Sozialisten fürchten, dass die Linksradikalen der mit 71 Abgeordneten zweitstärksten Kraft Syriza sich zurücklehnen werden und darauf spekulieren, weitere Zustimmung zu gewinnen, indem sie sich der Regierungsverantwortung verweigern. Tatsächlich hat Parteichef Alexis Tsipras bereits angekündigt, in der Opposition zu bleiben. Der Politstar der Linken könnte ihnen mit endlosen Demonstrationen das Leben zur Hölle und die Arbeit der Regierung aus ND und Pasok unmöglich machen, fürchten nun Konservative und Sozialisten gemeinsam. Beide werden schon aus diesem Grund versuchen, die kleinere Partei der Demokratischen Linken (Dimar, mit 17 Abgeordneten) mit ins Regierungsboot zu holen. Auch an mögliche Abtrünnige aus den Reihen der Partei der Unabhängigen Griechen (AE, mit 20 Abgeordneten) denken viele aus den Reihen der Konservativen. Die Kommunisten kommen für die Koalitionsverhandlungen nicht infrage - sie fordern unter anderem den Austritt aus der EU.