Medienzar Rupert Murdoch spricht von Vertuschung bei illegaler Abhöraktion. Britische Regierung von Premier David Cameron unter Druck.

Hamburg/London. Rupert Murdoch, einer der mächtigsten Medienmogule der Welt, sieht sich als Opfer. Murdoch steht im Zentrum eines selbst für die bewegte britische Zeitungsszene einmaligen Skandals, bei dem es vor allem um das illegale Abhören von britischen Bürgern durch Reporter der inzwischen eingestellten Sonntagszeitung "News of the World" geht.

Er und seine gesamte Führungsmannschaft seien "fehlinformiert und abgeschottet" worden, beteuerte der milliardenschwere australisch-amerikanische Medienzar bei seiner zweiten Anhörung vor der britischen Medien-Ethikkommission.

Die Vertuschung der Abhöraktionen sei aus der Mitte der "News of the World" gekommen. "Es gab da einen oder zwei starke Typen, die schon seit vielen Jahren dabei waren und mit den Journalisten befreundet waren", sagte Murdoch und fügte hinzu: "Die Person, an die ich denke, war ein Freund und Trinkkumpan der Journalisten, und er war ein cleverer Anwalt". Dieser habe den Journalisten verboten, sich die Beweise für die Abhöraktion anzusehen, "oder es gab Berichte, nach denen er Leuten verboten hat, dies Mrs. Brooks (die ehemalige Chefredakteurin der Zeitung und spätere Chefin des Murdoch-Zeitungsverlages News International, Rebekah Brooks) oder James (Murdochs Sohn) zu melden."

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Murdoch erklärte, er habe der ganzen Sache nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt. "Ich war eher interessiert an der aufregenden Aufgabe, eine Zeitung neu aufzubauen und andere Dinge zu tun". Er entschuldige sich bei all den Leuten, die im Zuge der Affäre ihren Job verloren hatten.

Murdoch hatte die 1843 gegründete "News of the World" bereits 1969 erworben. 1984 wurde das Boulevardblatt auf das kleinere Tabloidformat umgestellt. Die äußerst aggressiv agierende Rebekah Brooks sorgte schon im Jahre 2000 für eine handfeste Kontroverse. Sie hatte nach dem Mord an einem Mädchen 2000 Namen von Sexualstraftätern veröffentlichen lassen. Die Folge waren tätliche Übergriffe auf die dort Angeprangerten. Das Mediengesetz wurde danach verschärft.

Auch hatten Reporter der Zeitung das Handy der ermordeten 13 Jahre alten Milly Dowler angezapft. Als dies bekannt geworden sei, habe es sich zu einer "großen, nationalen Affäre" ausgeweitet, räumte Murdoch ein.

Im vergangenen Jahr wurde schließlich publik, dass "News of the World" die Mobiltelefone von fast 4000 Briten, darunter Prominente, hatte abhören und ihre Mailboxen hacken lassen. Es kam zu mehreren Festnahmen; Rebekah Brooks, die enge Vertraute von Murdoch, trat als zuständige Verlagschefin schließlich zurück.

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Rupert Murdoch stellte das Skandalblatt, die immerhin auflagenstärkste Sonntagszeitung Großbritanniens, am 10. Juli überraschend ein. Das Blatt hatte zu dem Zeitpunkt eine Auflage von 2,6 Millionen Exemplaren; in den 50er-Jahren war sie mit neun Millionen Exemplaren sogar die meistverkaufte Zeitung der Welt. Die Entscheidung zur Einstellung wurde der Redaktion von Murdochs Sohn James mitgeteilt, der als Vorstandsvorsitzender der Muttergesellschaft News Corporation für Europa und Asien fungierte und als Kronprinz des Verlegers gilt.

Rupert Murdoch gab in der Londoner Anhörung zu, er habe die Zeitung schon viel früher einstellen wollen und sei in Panik geraten, als der Abhörskandal im Juli 2011 aufflog. Zum Imperium des Tycoons gehören unter anderem der stramm rechte US-Sender Fox-News und der britische Sender BSkyB, das "Wall Street Journal", die "Times" und die "Sunday Times", die "Sun" und das Hollywood-Filmstudio 20th Century Fox. Kritiker werfen ihm vor, Murdoch lasse seine Zeitungen und Sender einen erzkonservativen und europafeindlichen Kurs steuern.

Die britische Regierung unter dem liberalkonservativen Premierminister James Cameron ist durch den Skandal schwer beschädigt worden; Cameron hatte sich mehrfach mit Murdoch getroffen und zeitweilig - ungeachtet aller Vorwürfe gegen "News of the World" - deren früheren Chefredakteur Andy Coulson zu seinem Regierungssprecher gemacht. Cameron nahm offenbar auch mehrfach von Murdoch bezahlte Privatjets in Anspruch.

Derweil gerät auch sein Kulturminister Jeremy Hunt in die Schusslinie. Dessen Berater Adam Smith hatte offenbar im Zusammenhang mit Murdochs letztlich gescheitertem Versuch, auch noch die restlichen Anteile des hochprofitablen TV-Konzerns BSkyB zu übernehmen, einen bemerkenswert intensiven E-Mail-Verkehr mit Murdochs Cheflobbyisten Fred Michel. Smith trat nun zurück - doch dies wurde Hunt, der auch für die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele verantwortlich zeichnet, als schnödes "Bauernopfer" angekreidet. "Kaum zu fassen, dass Hunt noch im Amt ist", sagte Oppositionsführer Ed Miliband.