Russland kritisiert die Ukraine im Fall Timoschenko - und geht selbst hart gegen Oppositionelle vor

Hamburg. Ungewöhnlich scharf kritisierte das russische Außenministerium die ukrainische Regierung und forderte einen "humanen Umgang" mit der inhaftierten früheren Regierungschefin Julia Timoschenko. Die Kritik, nicht nur aus Russland, trifft die Ukraine hart - denn vor der Europameisterschaft im Fußball strebt das Land nach einem guten Image, buhlt um Investoren und Anerkennung in Europa. Doch auch Russland stehen nicht nur die Olympischen Winterspiele 2014 bevor, sondern auch ein großes Fußballturnier: die Weltmeisterschaft 2018. Und gerade Russland ist seit der Präsidentschaftswahl Anfang März für den Umgang mit politischen Demonstranten und Gegnern des wiedergewählten Wladimir Putin scharf kritisiert worden.

Seit der Wahl seien die Behörden offenbar nicht mehr bereit, Demonstrationen beispielsweise für das Versammlungsrecht zuzulassen, sagt Hans-Henning Schröder, Russland-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, dem Hamburger Abendblatt. "Die staatliche Repression verschärft sich wieder, es gibt Festnahmen und Polizeigewalt." Prominentes Beispiel für das harte Vorgehen der Behörden ist die Inhaftierung der drei russischen Musikerinnen der feministischen Punkrock-Band Pussy Riot.

Letzte Woche war die U-Haft für die drei unter dem Vorwurf des "Rowdytums" stehenden Frauen - zwei davon Mütter von Kleinkindern - um weitere zwei Monate verlängert worden. Mit bunten Skimasken und Minirock protestierten die Musikerinnen Ende Februar im Altarraum der Moskauer Erlöserkirche gegen die Wiederwahl Wladimir Putins und riefen die Gottesmutter an, sie möge Putin vertreiben. Die Aktion sehe die Mehrheit der Russen kritisch, sagt Schröder. Gerade dies erkläre das harte Vorgehen von Regierung und Behörden gegen die Band. Im schlimmsten Fall drohen den Frauen sieben Jahre Haft.

200 Menschen, unter ihnen bekannte Künstler, protestierten vor dem Gericht für die Freilassung der Frauen. Musikerin Nadeschda Tolokonnikowa kritisierte das Vorgehen aus dem Gefängnis heraus als "patriarchalisch, sexistisch und homophob".