Im Beisein seines Bruders Georg Ratzinger hat der deutsche Papst seinen 85. Geburtstag mit einer Messe gefeiert. Vatikanexperte kritisiert Benedikt XVI.

Vatikanstadt. Papst Benedikt XVI. hat seinen 85. Geburtstag am Montag im Vatikan mit einem Gottesdienst mit den bayerischen Bischöfen und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, begangen. Der Papst feierte am Vormittag die Messe mit rund 120 Gästen in der Cappella Paolina im Apostolischen Palast gemeinsam mit seinem Bruder Georg Ratzinger und Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone. In einer frei gehaltenen und sehr persönlich geprägten Predigt dankte Benedikt XVI. seinen Eltern, und er dankte Gott für die Zuversicht, die ihn durch sein Leben begleitet habe.

Am Mittag ist ein Treffen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer vorgesehen. Größere Feierlichkeiten sind auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes nicht geplant. Es werde ein ganz normaler Arbeitstag, jedoch mit bayerischer Prägung, hatte der päpstliche Privatsekretär Georg Gänswein angekündigt.

+++ Info: Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. +++

Benedikt XVI. wurde am 16. April 1927 mit dem bürgerlichen Namen Joseph Ratzinger im bayerischen Marktl am Inn geboren. Am 19. April 2005 wurde er als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt. Mit 85 Jahren ist Benedikt XVI. der fünftälteste Papst der Neuzeit. Bereits jetzt ist Benedikt XVI. älter als sein unmittelbarer Vorgänger Johannes Paul II., der 2005 sechs Wochen vor seinem 85. Geburtstag starb.

Vatikanexperte Politi kritisiert Amtsführung von Benedikt XVI.

Ungeachtet des Papst-Geburtstages hat der italienische Vatikanexperte Marco Politi am Montag eine kritische Zwischenbilanz zur Amtszeit von Benedikt XVI. gezogen. Das Kirchenoberhaupt sei zwar ein Intellektueller, habe aber wenig Gespür für seine Rolle als "religionspolitischer Leader“, sagte der Journalist, der 20 Jahre für die italienische Tageszeitung "La Repubblica“ aus dem Vatikan berichtete, im Deutschlandradio Kultur.

Während des Pontifikats von Benedikt XVI. habe es mehr Krisen gegeben als in den hundert Jahren zuvor. Als Beispiele nannte Politi die Auseinandersetzungen mit dem Judentum, dem Islam und die Debatten um Aids und Kondome.

+++ Dossier: Benedikt XVI. – der deutsche Papst wird 85 +++

Ferner verwies Politi auf den Missbrauchsskandal, bei dem der Papst zwar einerseits streng gegen pädophile Priester vorgegangen sei, andererseits habe er aber eine Anzeige der Kriminellen nie per Dekret zur Pflicht erklärt. Der Papst regiere praktisch als "einsamer Monarch“ und pflege intensivere Beziehungen nur zu seinem Mitarbeiterstab. Er habe keine Kontakte zur normalen Welt. So fehle ihm der "Input“ aus Welt und Gesellschaft. Zugleich lobte Politi, Benedikt XVI. sei ein großer Intellektueller, Prediger und Theologe. Er fasziniere die Eliten und habe auch in einer kleinen Pfarrei das Talent, das Evangelium "sehr klar hervorzubringen“.

Zahlreiche Gratulanten für Papst Benedikt XVI.

Die Geburtstaggäste wiederum hoben die Verdienste des deutschen Papstes hervor. Der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx würdigte seinen Landsmann als "großen Lehrer und Hirten der Kirche“. "Wir danken dem Herrn dafür, dass er Sie uns als Nachfolger des heiligen Petrus geschenkt hat“, sagte Marx beim Besuch der bayerischen Bischöfe in Rom. "Wir wünschen Ihnen nicht nur Gesundheit und langes Leben, sondern vor allem geistliche Gelassenheit, die der Ausdruck wahrer Freiheit ist.“

Auch der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm würdigte das Wirken des Papstes. "Es ist gut, dass Ihre Stimme auch in weltweiter Politik und Zivilgesellschaft gehört wird, wenn Sie eindringlich für die Überwindung der Gewalt oder für weltweite soziale Gerechtigkeit eintreten“, sagte er. Dies gelte "jenseits aller nach wie vor bestehenden Differenzen“ im Verständnis des Papstamtes, so der Bischof in einem Schreiben, das er dem Papst persönlich übergab.

Angesichts vieler eindrucksvoller ökumenischer Gottesdienste, die er in den ersten Monaten seiner Amtszeit als Bischof bereits erlebt habe, blicke er mit Zuversicht in die Zukunft, sagte Bedford-Strohm. "Ein beharrliches Festhalten an den konfessionellen Trennungen würde unser Zeugnis verdunkeln.“

Bayerns Ministerpräsident Seehofer war mit seinem fast kompletten Kabinett und einer über 150-köpfigen Delegation nach Rom gereist, darunter Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens, Charlotte Knobloch.

Unter die zahlreichen Gratulanten zum Geburtstag reihte sich auch die italienische Bischofskonferenz ein. Sie wünschte ihm in einem Telegramm ein langes Pontifikat auf dem Stuhl Petri und würdigte seine Lehre und "unermüdliche“ Führung der katholischen Weltkirche.

Mit Material von kna und dpa