Kairo. Es ist eine überraschende Kehrtwende: In Ägypten ziehen die einflussreichen Muslimbrüder nun doch mit einem eigenen Kandidaten in den Kampf ums Präsidentenamt. Die Gruppierung kürte am Wochenende den Geschäftsmann Chairat al-Schater, 61, zu ihrem Kandidaten. Er hat nach Einschätzung einiger Experten gute Chancen, die Nachfolge des 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak anzutreten. Kritiker fürchten dann einen wachsenden Einfluss islamistischer Strömungen im Land. Andere Beobachter gehen dagegen davon aus, dass die Kandidatur Schaters das islamistische Lager bei der Wahl spalten könnte. Aus diesem Spektrum treten mindestens drei weitere Politiker zur Wahl an.

Noch vor Kurzem hatte die dem regierenden Militär zunehmend kritisch gegenüberstehende Muslimbruderschaft einen eigenen Kandidaten kategorisch ausgeschlossen. Die als Sieger aus den Parlamentswahlen hervorgegangene Muslimbrüder-Partei Freiheit und Gerechtigkeit (FJP) begründete ihre Kehrtwende damit, dass die Partei allein aus dem Abgeordnetenhaus heraus nicht ihre Ziele voranbringen könne.

Wie viele Mitglieder der Muslimbruderschaft hatte Schater in den vergangenen Jahren mehrmals im Gefängnis gesessen. Er kam nach Mubaraks Sturz frei und spielte anschließend eine zentrale Rolle in der Wirtschaftspolitik. Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen ist für den 23. und 24. Mai geplant. Bei der Parlamentswahl hatten die Muslimbrüder die meisten Stimmen gewonnen und stellen die größte Fraktion im Parlament.