Wenige Stunden nach Beginn des Putsches plünderten die Soldaten den Präsidentenpalast. Die Rebellion begann bereits am Mittwochmorgen.

Bamako. Meuternde Soldaten haben am Donnerstag im westafrikanischen Staat Mali offenbar die Regierung des langjährigen, demokratisch gewählten Präsidenten Amadou Toumani Touré gestürzt. Sie warfen seiner Regierung vor, sie habe die Streitkräfte nicht genug bei der Bekämpfung eines Aufstands der Tuareg im Norden des Landes unterstützt. Wenige Stunden nach Beginn des Putsches plünderten Soldaten den Präsidentenpalast.

Ein Sprecher der Putschisten hatte am Donnerstagmorgen erklärt, sie hätten die Kontrolle über das Land übernommen und alle Institutionen aufgelöst. Im Staatsfernsehen präsentierten sich etwa 20 Soldaten als Mitglieder eines Nationalen Komitees zur Wiederherstellung der Demokratie und zur Erneuerung des Staates (CNRDR). Dieser vertrete die Streitkräfte und auch die Polizei, sagte ein Sprecher. Der CNRDR habe beschlossen, das "unfähige und entehrte Regime von Amadou Toumani Touré zu beenden“.

Die westafrikanische Regionalorganisation ECOWAS verurteilte die Aktion der Soldaten scharf. Sie sei unzeitgemäß, da es regionale und internationale Bemühungen für eine friedliche Lösung des Konflikts im Norden des Landes gebe. Die Nachwirkungen der Volksaufstände vom vergangenen Jahr in Nordafrika haben damit offenbar eine der wenigen etablierten Demokratien in Westafrika zu Fall gebracht. In einem Monat wäre die Amtszeit von Präsident Toure abgelaufen, für April waren Wahlen angesetzt.

Schon mehrere Aufstände der Tuareg

Die Tuareg sind ein nomadisches Volk, das in der Sahara lebt. Seit der Unabhängigkeit Malis von Frankreich 1960 gab es schon mehrere bewaffnete Aufstände gegen die Zentralregierung. Die jüngsten Unruhen begannen im Januar, offenbar nachdem viele bewaffnete Tuareg aus Libyen in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Viele waren in Spezialeinheiten des im Herbst getöteten libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi tätig. Sie schmuggelten auch Angehörige der Gaddafi-Familie aus Libyen nach Algerien und Niger.

Nach dem Tod Gaddafis fühlten sie sich aber nicht mehr sicher in Libyen und machten sich mit Waffen aus dem Arsenal Gaddafis auf nach Mali, wo sie offenbar einen Staat aufbauen wollen. Zehntausende Menschen flohen schon wegen der Kämpfe, bei denen die Regierungstruppen schwere Verluste erlitten, aus dem Norden Malis.

Rebellion begann am Mittwoch in einer Kaserne

Die Rebellion begann am Mittwochmorgen bei einem Besuch des malischen Verteidigungsministers Sadio Gassama in einer Kaserne in Bamako. Dort protestierten Soldaten gegen die schlechte Ausrüstung der Streitkräfte im Kampf gegen die Separatisten. Den Truppen stünden zu wenig Waffen zur Verfügung, sie hätten zu wenig zu essen. Zudem forderten sie eine bessere Versorgung der Familien von getöteten Soldaten. Einige junge Rekruten feuerten in die Luft und bewarfen das Auto des Ministers beim Wegfahren mit Steinen.

Am Abend besetzten verärgerte Soldaten dann die staatliche Rundfunkanstalt. Das Radio- und TV-Programm war über viele Stunden unterbrochen. Wie am Donnerstag aus Kreisen der Streitkräfte verlautete, hatten sich die Mitglieder der Präsidialgarde schließlich einem Ansturm auf den Palast nicht zur Wehr setzen können. Die Aufständischen durchsuchten den Angaben zufolge das gesamte Gelände nach dem Präsidenten, konnten ihn aber nicht finden.

Medien: Malis Präsident nach Putsch in US-Botschaft geflohen

Nach dem Staatsstreich in Mali hat Präsident Amadou Toumani Toure nach Medienberichten Zuflucht in der US-Botschaft in der Hauptstadt Bamako gesucht. Das berichtete die Webseite "Malijet“ am Donnerstag. Der 63-Jährige, der wegen seiner Initialen den Spitznamen "ATT“ trägt, war seit 2002 Staatsoberhaupt des westafrikanischen Landes. 2007 wurde der ehemalige General mit 68 Prozent der Stimmen für eine zweite Amtszeit als Präsident bestätigt.

Toure hatte bereits angekündigt, bei den bevorstehenden Wahlen am 29. April nicht mehr als Kandidat antreten zu wollen. Die Verfassung in Mali sieht maximal zwei Amtszeiten für den Staatschef vor.