Fünf Jahre nach dem Verschwinden lobt die US-Bundespolizei eine Million Dollar Belohnung aus. Worum ging es in seinem letzten Fall?

Hamburg. Im März des Jahres 2007 reiste der amerikanische Privatermittler Robert "Bob" Levinson auf die iranische Insel Kish, rund 20 Kilometer vor der Provinz Hormozgan im Persischen Golf. Kish war einst als Urlaubsort von Schah Reza Pahlevi bekannt. Nach offiziellen Angaben der amerikanischen Regierung untersuchte Levinson im Auftrag eines privaten Kunden einen Fall von Zigarettenschmuggel.

Brisant an dem Fall: Der Ermittler war ein ehemaliger FBI-Agent - und er sollte den berüchtigten Terroristen Dawud Salahuddin auf der Insel Kish treffen. In einem schlichten Fall von Zigarettenschmuggel? Dieses Treffen fand offenbar auch statt, Levinson checkte danach aus seinem Hotel aus - und verschwand spurlos.

Jetzt - fünf Jahre danach - hat das FBI die ungewöhnlich hohe Summe von einer Million Dollar für Hinweise ausgesetzt, die zur Rückkehr des 63-Jährigen führen. Levinson gehöre immer noch zur "Familie des FBI", sagte der Direktor der US-Bundespolizei, Robert Mueller. Man arbeite jeden Tag an diesem Fall. Das FBI hat ferner Radioaufrufe und Flugzettel produziert und eine Telefon-Hotline eingerichtet.

+++ Die Welt hegt Zweifel an der Spur nach Teheran +++

Doch wie brisant ist dieser Fall wirklich? Salahuddin jedenfalls ist kein unbeschriebenes Blatt. Der Afro-Amerikaner, der sich auch Hassan Abdulrahman oder Hassan Tantai nennt, wurde 1950 im amerikanischen Roanoke Springs als David Theodore Belfield geboren. Er konvertierte zum Islam, radikalisierte sich rasch und arbeitete nach der Islamischen Revolution im Iran als Wachmann für ein iranisches diplomatisches Büro in Washington. 1980 erhielt er vom Mullah-Regime offenbar den Auftrag, den im US-Exil lebenden Khomeini-Gegner Ali Akbar Tabatabai zu ermorden.

Salahuddin klingelte am 22. Juli 1980, als Postbote verkleidet, an der Tür Tabatabais in Bethesda im US-Bundesstaat Maryland. Als der Iraner öffnete, schoss ihm Salahuddin drei Kugeln in den Bauch und floh über Kanada und die Schweiz in den Iran. Tabatabai starb 45 Minuten nach dem Attentat. Sein Mörder unterhält seitdem Kontakte zu den US-Behörden. Das Attentat hat er als "Akt des Krieges" gegen den Westen verteidigt. Er lebt im Iran, spricht Farsi und ist mittlerweile mit einer Iranerin verheiratet. Dawud Salahuddin hatte sich der früheren Generalstaatsanwältin der USA, Janet Reno, sogar in einem Brief als Vermittler zwischen den USA und "Schlüsselfiguren der weltweiten islamischen Bewegung" angeboten. Nach offiziellen Angaben hatte Reno nicht geantwortet.

Niemand weiß, wo Levinson ist. Vor zwei Jahren hatte seine Frau Christine ein Videoband erhalten, auf dem ihr Mann abgemagert um Hilfe bat, weil ihm die Diabetes-Medikamente ausgingen. "Es geht mir gesundheitlich nicht gut", hatte der Amerikaner gesagt. Er benötige die Hilfe der US-Regierung. Im Hintergrund war arabische Musik zu hören. Levinson saß vor einer Betonwand und trug abgewetzte Kleidung. Im September 2007 hatte die iranische Regierung eine Anfrage der USA abgelehnt, Schweizer Diplomaten auf die Insel Kish gehen zu lassen, um dort nach Spuren von Levinson zu suchen. Die USA und der Iran unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Im Dezember darauf konnten Levinsons Frau und ein Sohn - sie haben insgesamt sieben Kinder - in den Iran reisen; doch die Reise erbrachte keine neuen Erkenntnisse. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad äußerte sich im US-Sender NBC zu dem Fall und sagte, man kooperiere mit dem FBI. Er wisse aber auch nicht, ob alles stimme, was die Amerikaner dazu mitgeteilt hätten. Doch im Januar 2009 sagte US-Senator Bill Nelson während der Anhörungen von Hillary Clinton vor ihrer Berufung zur Außenministerin, nach seiner Überzeugung werde Levinson "in einem geheimen Gefängnis im Iran gefangen gehalten". Die iranischen Behörden hätten ihnen jedes Mal "die Tür vor der Nase zugeschlagen".

+++ "Niemand von uns kann es sich leisten, viel länger zu warten" +++

US-Ermittler halten es auch für möglich, dass Levinson irgendwo in den Grenzregionen zwischen dem Iran, Pakistan und Afghanistan festgehalten wird. Clinton hat Teheran eindringlich gebeten, bei der Suche nach Levinson zu helfen. Der frühere FBI-Agent hat auch in mehreren Fällen russischer organisierter Kriminalität ermittelt - so im Fall des am 9. Juli 2004 in Moskau ermordeten amerikanischen Journalisten Paul Klebnikow. Der Chefredakteur der russischen Ausgabe des "Forbes-Magazins" war von zwei Attentätern vor dem Verlagsgebäude erschossen worden. Als Hauptverdächtige gelten zwei Tschetschenen. Wie Levinson hatte Klebnikow über die Macht und die Machenschaften der russischen Oligarchen recherchiert, darüber ein Enthüllungsbuch geschrieben und ein weiteres über den früheren Moskauer Unterweltboss und tschetschenischen Rebellenführer Chosch Ahmed Nuchajew verfasst. Bei den radikalislamischen Terrorgruppen, die der Iran unterstützt, spielen Tschetschenen aufgrund ihrer militärischen Erfahrung immer wieder eine erhebliche Rolle.

Levinson hatte auch im Fall des hochgefährlichen russisch-ukrainischen Mafiabosses Semjon Mogilewitsch ermittelt, der auf der FBI-Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher steht. "Der bekommt jeden in die Finger, der ihm im Weg steht", hatte Levinson gesagt.