Kabul/Berlin. Nach der Verbrennung von Koran-Büchern durch US-Soldaten eskaliert der Aufruhr in Afghanistan. In mindestens fünf Provinzen kam es am Freitag zu teilweise gewalttätigen Protesten Tausender Afghanen, die sich vor allem gegen die USA, aber auch allgemein gegen die Anwesenheit der westlichen Truppen am Hindukusch richteten.

Armee und Polizei feuerten zum Teil scharfe Schüsse ab; insgesamt sind in den vier Tagen der Proteste bereits mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen; allein am Freitag waren es mindestens neun Todesopfer. In Herat versuchte ein Mob das US-Konsulat zu stürmen. In Pul-i-Chumri im Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr wollte eine aufgebrachte Menge das ungarische Feldlager überrennen. In der Hauptstadt Kabul hinderte die Polizei rund 1000 Demonstranten daran, in das Uno-Gebäude einzudringen.

Die Bundeswehr entschied angesichts der unberechenbaren Lage, den deutschen Stützpunkt in Talokan in der nordafghanischen Provinz Tachar vorzeitig aufzulösen. Das Bundeswehrlager befand sich auf einem Anwesen mitten in der 200 000-Einwohner-Stadt und wäre bei einem Angriff nicht zu verteidigen gewesen. Die 50 Soldaten wurden umgehend nach Kundus verlegt. Die deutsche Vertretung in Talokan sollte eigentlich erst Mitte März geräumt werden. "Sie gingen, ohne uns Bescheid zu sagen", sagte Provinzgouverneur Abdul Dschabar Takwa über den Abzug der Deutschen.