Straßburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Italien verurteilt, weil es Bootsflüchtlinge trotz Foltergefahr nach Libyen zurückgeschickt hatte. Der Straßburger Gerichtshof gab gestern 24 Menschen aus Somalia und Eritrea recht, die im Mai 2009 von Libyen aus die Überfahrt über das Mittelmeer versucht hatten. Auf hoher See waren sie von der italienischen Küstenwache aufgegriffen und nach Afrika zurückgebracht worden, ohne dass sie dagegen Einspruch einlegen konnten. Menschenrechtsorganisationen begrüßten das Straßburger Urteil (AZ: 27765/09).

Die Entscheidung sei "richtungsweisend für den Schutz von Flüchtlingen auf hoher See", erklärte das Deutsche Institut für Menschenrechte in Berlin. Auch Deutschland müsse Konsequenzen ziehen und sich in der EU für verbindliche Regelungen zum Flüchtlingsschutz einsetzen. Zudem solle es sich nicht an Einsätzen der EU-Grenzschutzagentur Frontex beteiligen, solange die Menschenrechte nicht garantiert seien. Auch Amnesty International unterstrich, alle EU-Staaten müssten nun den Flüchtlingsschutz verbessern.

Die italienischen Behörden hatten sich auf ein Abkommen mit Libyen berufen und argumentiert, dass Migranten in dem Land sicher seien. Das sah der Gerichtshof anders und verurteilte das Land wegen mehrfacher Menschenrechtsverletzung. Die Regierung in Rom muss nun jedem Kläger 15 000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Doch die Anwälte haben nur Kontakt zu sechs von ihnen.