Griechischer Regierungschef appelliert an sein Volk. Rösler spricht von Ausschluss aus Euro-Zone

Athen/Berlin. Die griechische Polizei hat am Sonntag in Athen Tränengas gegen Gegner des Sparkurses eingesetzt. Während der Debatte über das Reformprogramm im Parlament bewarfen maskierte Teilnehmer einer Demonstration die Beamten mit Steinen und Brandsätzen. Die Polizei setzte Blendgranaten ein. Zuvor waren Zehntausende Griechen friedlich gegen die geplanten Einschnitte auf die Straße gegangen, über die die Abgeordneten noch in der Nacht zu Montag abstimmen sollten. Es waren die größten Proteste seit Monaten. Die Demonstranten kritisierten, die Griechen hätten bereits genügend Kürzungen und Steuererhöhungen hingenommen, um den Schuldenberg des Landes abzubauen.

Im Parlamentsgebäude diskutierten die Abgeordneten über ein Sparprogramm in Höhe von 3,3 Milliarden Euro. Eine Billigung der weiteren Einschnitte ist zwingend nötig, um die Finanzhilfen der Europäischen Union und des Internationalen Rettungsfonds (IWF) von 130 Milliarden Euro zu erhalten. Ohne diese Unterstützung würde das Land bankrott gehen.

Die Reformschritte sehen unter anderem vor, dass Zusatzrenten gekürzt, Mindestlöhne um 22 Prozent gekappt und bis 2015 rund 150 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst entlassen werden. Über das Sparprogramm hinaus geht es auch um die noch ausstehende Einigung mit den privaten Gläubigern über einen Forderungsverzicht. Die Abgeordneten sollen grünes Licht geben, damit den privaten Kreditgebern ein Angebot zum Schuldentausch unterbreitet werden kann. In einem dramatischen Appell hatte Regierungschef Lucas Papademos um Zustimmung geworben: "Wir sind nur einen Atemzug von Ground Zero entfernt."

Der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) spekuliert über einen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone. Es hänge jetzt einzig und allein von den Griechen selbst ab, sagte der FDP-Politiker in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Wir können und wollen auch nur noch helfen, wenn es entsprechende Gegenleistungen auf griechischer Seite gibt", sagte er. "Und wir sagen hier auch sehr klar: Der Tag X verliert zunehmend an Schrecken."

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat sich dafür ausgesprochen, die Bürger über die Rettung der europäischen Währung abstimmen zu lassen. "Maßnahmen zur Euro-Rettung könnten Gegenstand von Volksabstimmungen sein. Bei einer bestimmten Größenordnung von Bürgschaften für Schuldenstaaten sollte das Volk befragt werden", sagte Seehofer der "Welt am Sonntag". "Diese Kontrolle der Macht durch die Bürger halte ich für sehr wichtig." In der CSU-Europagruppe stieß Seehofers Vorschlag auf Widerspruch. "Es gibt eine Verfassungslage in Deutschland, die eine Volksabstimmung nicht vorsieht", sagte der Chef der CSU-Gruppe, Markus Ferber. Für Volksabstimmungen müsste man die Verfassung mit Zweidrittelmehrheit ändern.