Argentiniens Präsidentin kritisiert “britische Militarisierung“ des Südatlantiks und will Uno-Sicherheitsrat anrufen

Hamburg. Im Windschatten der Syrien-Krise und des sich zuspitzenden Iran-Konflikts hat sich ein von der Weltöffentlichkeit fast vergessener Streit unversehens wieder verschärft: Das jahrhundertealte Ringen zwischen Großbritannien und Argentinien um die Falklandinseln. Diplomatie und Politik kümmern sich um die Angelegenheit, doch schon werden auch wieder militärische Überlegungen angestellt. Zur Erinnerung: Anfang April 1982 hatte die argentinische Militärjunta Truppen in Marsch gesetzt, um den Briten die aus rund 200 Eilanden bestehende Inselgruppe abzunehmen. Die Operation endete für die Argentinier in einer vernichtenden Niederlage. Die Junta hatte offenbar einen "patriotischen Sieg" erringen wollen, um von ihren erheblichen innenpolitischen und wirtschaftlichen Problemen abzulenken.

Argentinien beansprucht die vor seiner Küste gelegenen Islas Malvinas seit 1833, als London die Inseln in Besitz nahm. Die historische Entwicklung der Besitzverhältnisse ist kompliziert; das Tauziehen um die Falklandinseln hat im Laufe der Jahrhunderte zu etlichen bewaffneten Konflikten unter Einbeziehung europäischer und südamerikanischer Staaten geführt. Buenos Aires sieht sich jedenfalls in der Rechtsnachfolge eines spanischen Vizekönigtums am Rio de La Plata, zu dem die Inseln einst gehörten.

Rund 1000 Tote hatte der Falklandkrieg 1982 gekostet; Argentiniens Militärjunta stürzte über das von ihr angerichtete Desaster. Ihre Truppen hatten keine Chance gegen die Royal Navy; in zehn Wochen war alles vorüber. Doch in jüngster Zeit hat Argentinien seinen Anspruch auf die Malwinen wieder stärker betont. Dabei mag eine Rolle spielen, dass nahe der Inselgruppe erhebliche Mengen Öl und Gas gefunden wurden. Buenos Aires geißelt britische Bohrungen in dem Seegebiet als "illegal". Vizepräsident Amado Boudou nannte Großbritannien das "Gesicht von Imperialismus und Kolonialismus in aller Welt".

Angesichts der aufgeheizten Stimmung und Rhetorik entsandte Großbritannien zunächst seinen ultramodernen Lenkwaffenzerstörer "HMS Dauntless" zu den Falklands und schickte dann noch ein Atom-U-Boot der Trafalgar-Klasse hinterher. Die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner will wegen dieser "militärischen Provokation" den Uno-Sicherheitsrat anrufen. Der Fall habe "regionale und globale Bedeutung", sagte Kirchner. Sie empörte sich auch darüber, dass London Prinz William, den Zweiten der britischen Thronfolge, zum Dienst als Hubschrauberpilot auf die Inseln geschickt hat. "Die Briten militarisieren schon wieder den Südatlantik", sagte Kirchner vor Politikern und Veteranen des Falkland-Krieges. Dunkel fügte sie hinzu: "Die großen Schlachten des 21. Jahrhunderts werden um die Naturressourcen gehen."

Die Entsendung eines britischen U-Bootes weckt bei den Argentiniern düstere Erinnerungen: Am 2. Mai 1982 hatte die "HMS Conqueror" offenbar auf Befehl von Premierministerin Margaret Thatcher den argentinischen Kreuzer "General Belgrano" attackiert und versenkt. 323 Menschen starben.

London, das in den letzten Jahren massiv abgerüstet hat und dabei auch auf maritime Schlüsselfähigkeiten verzichtet hat, ist nervös. Kürzlich hatte der frühere britische Generalstabschef Sir Michael Jackson dem "Daily Telegraph" gesagt, Großbritannien könne die Falklandinseln nicht mehr zurückerobern, falls Argentinien angreife. Sie seien dann wohl für immer verloren. 1982 hatten britische Flugzeugträger mit "Harrier-Senkrechtstartern" entscheidenden Anteil am Sieg der Briten. Doch 2010 hat die Regierung in London auch den letzten Flugzeugträger, die "Ark Royal", außer Dienst gestellt. (Ihr letzter Auslandsbesuch hatte Hamburg gegolten). Die "Harrier" wurden an die US-Marines verkauft. Großbritannien baut nun zwei neue, riesige Träger der 65 000-Tonnen-Klasse, deren erster - die "HMS Queen Elizabeth" - aber frühestens 2020 einsetzbar sein wird. Der zweite - die "HMS Prince of Wales" - wird vermutlich gleich nach dem Bau eingemottet werden und als Reserve dienen. Die Träger sollen US-Kampfjets des Typs F-35 C einsetzen. Waren 1982 nur rund 100 britische Soldaten auf den Falklands stationiert, so sind es im Militärstützpunkt Mount Pleasant heute rund 1700, darunter Marines und Kommandotruppen. Die Zivilbevölkerung zählt kaum 3000 Seelen, kann aber mit der milizartigen "Falkland Islands Defence Force" die Soldaten verstärken. Die Falkländer, fast ausschließlich britischen Ursprungs, nennen sich selber "Kelpers" - was so viel wie die Seetang-Menschen bedeutet - und bezahlen mit dem "Falkland-Pfund".