China untersagt Kanzlerin Merkel ein Treffen mit Bürgerrechtsanwalt Shaoping und der oppositionellen Zeitung “Nanfang Zhoumo“ in Kanton.

Peking/Guangzhou. Die chinesische Staatssicherheit hat den Bürgerrechtssanwalt Mo Shaoping aus Gründen der "sozialen Stabilität" an einem Treffen mit der Bundeskanzlerin gehindert. Der prominenteste chinesische Anwalt für Bürgerrechte sollte an einem Empfang mit Angela Merkel teilnehmen, zu dem der deutsche Botschafter in Peking Shaoping eingeladen hatte. Die chinesische Sicherheitspolizei sei am Donnerstag in sein Büro gekommen und habe ihm mitgeteilt, dass er an dem Treffen nicht teilnehmen könne, sagte der Anwalt am Freitag. Von Seiten der deutschen Botschaft hatte es am Donnerstagabend geheißen, Shaoping sei nicht erschienen, über die Gründe wisse man nichts Näheres. Auch ein Treffen Merkels mit der regierungskritischen Zeitungsgruppe „Nanfang Zhoumo“ in Kanton kommt offenbar auf Druck der Provinzregierung nicht zustande.

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„Ich habe ihnen gesagt, dafür hätten sie keine rechtliche Handhabe“, schilderte der Anwalt. Die Beamten hätten das bestätigt und gesagt: „Es dient nur der Stabilität. Wir wollen keine abweichenden Stimmen.“ Der deutsche Botschafter Michael Schaefer hatte Mo Shaoping zu einem Abendempfang mit der Kanzlerin eingeladen, die am Donnerstag politische Gespräche in Peking geführt hatte. Deutsche Regierungskreise bestätigten, dass der Anwalt eingeladen war, um Merkel zu treffen. Er sei nicht gekommen, habe sich aber auch nicht entschuldigt. Mo Shaoping und seine Kanzlei haben schon viele chinesische Bürgerrechtler vertreten, darunter den inhaftierten Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Im vergangenen Jahr sei er auch daran gehindert worden, den Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning, zu treffen, schilderte Mo Shaoping.

Auf ihrer dreitägigen Chinareise ist Kanzlerin Angela Merkel am Freitag in der südchinesischen Metropole Guangzhou (Kanton) eingetroffen. In der wirtschaftlich blühenden Provinz Guangdong stehen die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen im Mittelpunkt ihres Besuchs. Beide Seiten kommen zu einem deutsch-chinesischen Wirtschaftsforum zusammen. Merkel hat führende Vertreter deutscher Unternehmen in ihrer Delegation, darunter die Spitzen von Siemens, Volkswagen, BASF und der Commerzbank.

Als besondere Geste wird Merkel auf der zweiten Station ihrer Reise vom chinesischen Regierungschef Wen Jiabao begleitet. Schon 2010 war der Ministerpräsident mit der Kanzlerin in die alte Kaiserstadt Xi'an gereist. Deutsche Regierungskreise hoben hervor, dass Wen Jiabao bislang nicht mit anderen Regierungschefs gemeinsam in die Provinz gereist sei. Am Sonnabend wird Merkel noch mit dem Parteichef von Guangdong, Wang Yang, und dem katholischen Erzbischof Joseph Gan Junqiu zusammentreffen, bevor sie nach Berlin zurückfliegt. Der Spitzenpolitiker aus der Boom-Provinz gilt als aufsteigender Stern in der Kommunistischen Partei. Es gibt Spekulationen, dass Wang Yang bei dem im Herbst geplanten Generationswechsel an der Spitze der Kommunistischen Partei in das oberste Machtgremium, den mächtigen Ständigen Ausschuss des Politbüros, aufsteigen könnte.

Aus Kreisen der Bundesregierung heißt es, dass die Bundeskanzlerin auf das Treffen mit dem Erzbischof besonders großen Wert gelegt habe. Joseph Gan Junqiu, Mitglied der staatstreuen katholischen „Patriotischen Vereinigung“, war 2007 mit Billigung des Papstes geweiht worden. In der Vergangenheit gab es zwischen dem Vatikan und der chinesischen Regierung häufig Dissens wegen Bischofsernennungen.

Merkel wird die regierungskritische Zeitungsgruppe „Nanfang Zhoumo“ dagegen wohl nicht mehr treffen können. US-Präsident Barack Obama hatte der Zeitung 2009 das einzige Exklusiv-Interview seiner Chinareise gegeben und damit für Verärgerung bei der chinesischen Regierung und den offiziellen staatlichen Medien gesorgt. Wie von „Nanfang Zhoumo“ zu erfahren war, ging die Redaktion bis zuletzt davon aus, dass die Bundeskanzlerin kommen werde.

Merkels fünfte Chinareise dient vor allem den wirtschaftlichen Kontakten beider Länder. Die Bundeskanzlerin sprach jedoch gegenüber Premierminister Wen Jiabao auch das Thema Menschenrechte und fehlende Meinungsfreiheit an. „Wir sind der Meinung, dass hier oft sehr hart reagiert wird“, sagte sie. „Ich werde immer wieder deutlich machen, dass die Pluralität von Meinungen sehr zielführend oder auch hilfreich für die Entwicklung eines Landes sein kann.“ Auf ihren Chinareisen trifft Angela Merkel regelmäßig Vertreter der chinesischen Zivilgesellschaft, so auch 2006 den Bischof von Schanghai, Aloysius Jin Luxian. Die katholische Untergrundkirche sieht sich in China regelmäßig Verfolgungen ausgesetzt. Erst am Montag waren in der Inneren Mongolei fünf Priester der katholischen Untergrundkirche ohne Angabe von Gründen verhaftet worden.

Mit Material von dapd/dpa/kna