Ministerpräsident fordert, den Sparwillen stärker zu honorieren. Westerwelle für europäische Rating-Agentur nach Vorbild der Stiftung Warentest

Rom/Berlin. Seiner politischen Argumentation bleibt der Wirtschaftsprofessor treu: Italiens Sparwille und die Anstrengungen um den Haushalt müssten gewürdigt werden, sagt der neue Ministerpräsident Mario Monti bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Andernfalls verlören seine Mitbürger die Lust am Sparen, und damit geriete die gesamte Euro-Rettung in die Schieflage. Und deshalb hat Monti von Deutschland und anderen Euro-Zonen-Staaten mehr Unterstützung bei der Senkung seiner Refinanzierungskosten gefordert. Monti sagte der "Financial Times", es sei im eigenen Interesse Deutschlands, dabei zu helfen, dass die Belastungen für hoch verschuldete Euro-Staaten bei der Schuldenfinanzierung niedriger ausfielen als derzeit.

Wie schon bei seinem Besuch in Deutschland bei Angela Merkel verwies Monti auf die großen Belastungen, die seine Regierung den Italienern abfordere. "Wenn diese starke Bewegung in Richtung Disziplin und Stabilität nicht anerkannt wird, wird es einen machtvollen Rückschlag in den Ländern geben, denen enorme Anstrengungen auferlegt werden", sagte Monti. Das bedeutet: Monti sieht die demokratische Legitimität der Euro-Länder in Gefahr.

Dabei hat sich der Nachfolger von Silvio Berlusconi bereits quer durch Europa Respekt erworben. Die konservative schwedische Tageszeitung "Svenska Dagbladet" schrieb: "Die freudige Botschaft dieser Tage kommt aus Italien, das sich in kurzer Zeit vom schwarzen Schaf zum Musterknaben gewandelt hat. Regierungschef Mario Monti hat für seinen Sparhaushalt Gehör gefunden und steht nun vor einer noch schwereren, aber auch dankbareren Aufgabe: ein Reformpaket für Liberalisierung und mehr gesellschaftliche Entwicklung. Monti sollte Vorbild für Europa werden."

Monti sagte, Berlin habe die wirtschaftliche Debatte in Europa gewonnen und seine Vision einer "Kultur der Stabilität" erfolgreich in andere Länder exportiert. Nun sei es an der Zeit, dass Deutschland auch den guten Willen und die Fortschritte in den hoch verschuldeten Ländern erkenne.

Unterdessen wollen sich Deutschlands Christdemokraten in der Debatte über die Gründung einer europäischen Rating-Agentur noch nicht auf Details festlegen. "Es ist jetzt viel zu früh, um zu entscheiden, ob es ein Stiftungsmodell oder ein anderes Modell sein wird", sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier. Er reagierte damit auch auf den Vorschlag von Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der für eine europäische Ratingagentur nach dem Vorbild der Stiftung Warentest eintritt. Altmaier sagte, es seit wichtig, "dass jetzt eine Diskussion über eine solche Rating-Agentur konkretisiert wird. Das wäre eine Beitrag zu mehr Pluralismus und zu mehr Unaufgeregtheit." Eine neue Rating-Agentur müsse in ihrer Unabhängigkeit über jeden Zweifel erhaben sein.

Westerwelle argumentierte, es sei höchste Zeit, den anglo-amerikanischen Rating-Agenturen mehr Wettbewerb entgegenzusetzen. Diese räumten selbst ein, dass sie auch politische Bewertungen vornähmen. Westerwelle sagte, in Deutschland genieße die Stiftung Warentest große Glaubwürdigkeit. Deshalb solle man eine solche Stiftung als Beispiel nehmen, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu benoten.

Anstatt sich auf Rating-Agenturen blind zu verlassen, sollten Investoren stärker selbst prüfen. Das forderte der frühere Chef der Bundesfinanzagentur, Gerhard Schleif, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd. Die Kosten einer europäischen Rating-Agentur würden ihren Nutzen übersteigen. "Wer soll die bezahlen", fragte Schleif.