Das Abkommen soll den seit mehr als 60 Jahren andauernden Kampf für Autonomie beenden. Generalsekretärin der Rebellen skeptisch.

Pa-an/Bangkok. Historische Friedensvereinbarung in Birma: Die Regierung und die seit 1949 für mehr Autonomie kämpfenden Karen-Rebellen haben ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. „Das Abkommen gilt ab sofort“, sagte Eisenbahnminister Aung Min am Donnerstag in Pa-an, der Hauptstadt der Region Karen. Aung Min hatte von Regierungsseite die Verhandlungen mit den Rebellen geleitet. Beide Seiten haben damit einen wichtigen Schritt zur Beendigung eines der weltweit am längsten andauernden Aufstände unternommen. „Wir wollen, dass der Friedensprozess weitergeht“, sagte David Taw, Verhandler der Karen-Vereinigung KNU.

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Nach KNU-Angaben rangen die Rebellen der Regierung die Zusage ab, dass alle Kämpfe gegen ethnische Minderheiten eingestellt werden. Die KNU unterzeichnete zwei Vereinbarungen, eine mit der Zentralregierung und eine mit der Regionalregierung des Karen-Staates. Sie rang der Regierung unter anderem die Zusage ab, dass Karen sich im ganzen Land frei bewegen können. Bislang reglementiert die Regierung die Bewegungsfreiheit der Einwohner. Weitere Einzelheiten wurden von offizieller Seite zunächst nicht veröffentlicht.

Die Verhandlungen sind Teil der Bemühungen Birmas, die internationale Isolation zu beenden. Seit Amtsantritt der Regierung 2011 hat sie mehr als 300 politische Gefangene freigelassen. Der Präsident schüttelt die Hand der langjährigen Staatsfeindin Nummer eins, Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Der Mann, der ihren Hausarrest als Regierungschef der Junta mehrfach verlängert hat, ebnet ihr jetzt sogar den Weg zurück in die Politik. Westliche Staaten haben ein Ende der Auseinandersetzungen mit den Karen-Rebellen zur Bedingung für eine Verbesserung der Beziehungen gemacht. Das Volk der Karen ist die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe im Vielvölkerstaat Birma. Es hat sich schon vor der Unabhängigkeit von Großbritannien 1948 der Eingliederung in den Staat Birma widersetzt. Anders als andere Rebellengruppen arrangierte es sich auch nie mit der Jahrzehnte lang regierenden Militärjunta. Ihre Armee galt als brutal und kompromisslos. In zahlreichen Landesteilen kame es bis in die jüngste Zeit zu blutigen Zusammenstößen.

Präsident Thein Sein will die Sanktionen, mit denen westliche Länder Birma für die Drangsalierung von Kritikern und Minderheiten bestraft hat, loswerden. „Die Regierung möchte, dass die Sanktionen so schnell wie möglich aufgehoben werden“, sagte der britische Außenminister William Hague kürzlich nach einem Besuch in Naypyidaw. Das stößt eigentlich auf offene Ohren. Viele Regierungen würden den Weg für Geschäfte gerne freimachen. Birma mit rund 60 Millionen Einwohner ist ein Land mit Riesenpotenzial. Es gibt jede Menge Öl und Gas vor der Küste, die rudimentäre Infrastruktur schreit nach Investitionen.

„Unsere Hauptforderung war, dass die Kämpfe in allen Gebieten ethnischer Minderheiten eingestellt werden“, sagte die in Mae Sot in Thailand ansässige Generalsekretärin der KNU, Zipporah Sein. „Wir sind überrascht, dass sie dem zugestimmt haben.“ Allerdings habe die Zentralregierung dies nur unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Verteidigungsministers getan. Sein ist trotzdem skeptisch. Denn erst im Dezember pfiff Präsident Thein Sein die Armee zurück, die seit Juni gegen Rebellen im Kachin-Staat kämpft. Doch hätten die Generäle das einfach ignoriert, sagen Hilfsorganisationen. Nach Angaben von Refugees International sind dort 60.000 Menschen auf der Flucht. „Ich glaube, die Armee widersetzt sich den Befehlen, weil sie dort hohe Verluste erlitten hat“, sagt der in Thailand lebende Birma- Experte Bertil Lintner. Vor dem Hintergrund sei es fraglich, wie ernst die Armee die Waffenstillstände nehme, die die Regierung ausgehandelt hat: mit den Shan, den Chin und jetzt den Karen.

Seit März 2011 ist in Birma erstmals seit 1962 eine auf dem Papier zivile Regierung im Amt. Sie ging aus den Wahlen hervor, die die Junta im November 2010 unter zahlreichen Bedingungen zuließ. An den Schaltstellen der Macht sitzen nach wie vor überwiegend Generäle.

Mit Material von dpa/dapd/epd