Von demokratischem Aufbruch ist in Ägypten trotz Wahlen nicht viel zu spüren

Kairo. Vor Beginn der letzten Etappe der ägyptischen Parlamentswahl ist es erneut zu Ausschreitungen gekommen. Unbekannte setzten ein Parteibüro in der Provinz Al-Gharbija in Brand. Angehörige der während des Aufstands gegen Husni Mubarak getöteten Demonstranten drohten, den früheren Präsidenten eigenhändig umzubringen, falls ihn der Richter nicht zum Tode verurteilen sollte.

Das ägyptische Nachrichtenportal "youm7" meldete, das Büro der von jungen "Revolutionären" gegründeten Al-Adl-Partei in der Ortschaft Kafr al-Sajat sei am Montagmorgen durch eine Brandbomben-Attacke zerstört worden. Al-Gharbija ist eine von neun Provinzen, in denen heute und morgen die Abgeordneten des ersten Parlaments nach der Entmachtung von Mubarak gewählt werden. In den anderen 18 Provinzen waren die Menschen bereits im November und Dezember zur Wahl gegangen. Die Muslimbruderschaft hatte in der ersten und zweiten Etappe des Urnengangs die meisten Stimmen erhalten, gefolgt von der radikalislamischen Partei des Lichts. Liberale Parteien hatten das Nachsehen.

Gestern wurde in Kairo der Prozess gegen den 83 Jahre alten Mubarak, seine beiden Söhne, Ex-Innenminister Habib al-Adli und sechs weitere Angeklagte fortgesetzt. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, sie hätten die tödlichen Schüsse auf Demonstranten während der Proteste im vergangenen Januar und Februar veranlasst. Der Freispruch von fünf wegen Tötung von Demonstranten angeklagten Polizisten in der vergangenen Woche heizte Spekulationen an, dass die Vorwürfe gegen Mubarak fallen gelassen werden könnten. Bisherige Aussagen, zumeist von ranghohen Polizeioffizieren, haben keinen Beweis dafür erbracht, dass Mubarak den Einsatz tödlicher Waffen gegen Demonstranten anordnete.