Brüssel. Erste Schritte auf dem Weg zur Regierungsbildung: Der für das Amt des Ministerpräsidenten gehandelte Sozialist Elio Di Rupo will mit seinem Kontrahenten Bart De Wever über den künftigen Kurs des Landes verhandeln - und das trotz zahlreicher Streitpunkte. Aus den Wahlen am Sonntag sind beide als Sieger hervorgegangen: Während Di Rupos Partei die Wahl im wallonischen Teil Belgiens für sich hatte entscheiden können, setzte sich im nordbelgischen Flandern die separatistische Neu-Flämische Allianz (NVA) von De Wever durch.

"Wir sind in einem historischen Moment, es muss ein Weg des Kompromisses gefunden werden", zitierte die Zeitung "Le Soir" Di Rupo. Über eine Koalition mit der NVA zu sprechen sei aber "zu früh", da insbesondere die Ziele unterschiedlich seien. Auch De Wever zeigte sich kooperationsbereit. Allerdings rechnet er mit "sehr schwierigen Verhandlungen". Als Streitpunkt nannte er unter anderem die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Auch in der Frage der Minderheitenrechte von Frankophonen im flämischen Umland von Brüssel und der Rolle der Hauptstadt rechnete De Wever mit "sehr schwierigen Verhandlungen". Der Streit um die Minderheitenrechte hatte die Regierung von Yves Leterme Ende April gesprengt und die Neuwahlen nötig gemacht.

Die Koalitionsbildung wird nach Expertenmeinung schwierig. Die NVA zielt auf lange Sicht auf ein unabhängiges Flandern, was die Frankophonen ablehnen. Zudem forderte De Wever grundsätzliche Abmachungen über Reformen vor Bildung einer Regierung. Jedoch bekräftigte er seine Bereitschaft, den Posten des Ministerpräsidenten einem frankophonen Politiker zu überlassen.

Bei den Wahlen hatte die NVA 27 der 150 Sitze in der Abgeordnetenkammer gewonnen, die Sozialisten 26. Die Parteien treten jeweils nur in ihrer Sprachgruppe an, entsenden ihre Vertreter aber in das gemeinsame Parlament. Auch in der Regierung müssen beide Gruppen vertreten sein.