Nachbarland Usbekistan schließt die Grenze für Flüchtlinge und bittet um internationale Hilfe

Moskau/Hamburg. Im Kirgistan-Konflikt bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an. Angesichts des Ansturms von Zehntausenden usbekischstämmigen Flüchtlingen aus dem Nachbarland Kirgistan kündigte die usbekische Regierung gestern an, die Grenze kurzerhand zu schließen.

"Ab heute werden wir von der kirgisischen Seite keine Flüchtlinge mehr akzeptieren, weil wir sie nicht unterbringen können", sagte der usbekische Vize-Ministerpräsident Abdullah Aripow beim Besuch eines Flüchtlingslagers nahe der kirgisischen Grenze. "Wir brauchen humanitäre Hilfe von internationalen Organisationen."

Allein die Zahl der bereits registrierten Flüchtlinge betrage 45 000, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sprach sogar von 80 000 Flüchtlingen, von denen bereits 15 000 an der Grenze aufgehalten würden. Für die Menschen, die dort stranden, wird die Lage rasch unerträglich.

Derweil schwelt der blutige ethnische Konflikt weiter. Rund 700 Usbeken sollen bei den jüngsten Zusammenstößen allein in der südkirgisischen Stadt Dschalalabad getötet worden sein, behauptete die usbekische Gemeinschaft der Stadt.

Die Brände konnten auch gestern noch nicht vollständig gelöscht werden, sagte einer der Anführer der Usbeken der Agentur Interfax. Allein am Sonntag und am Montag seien zwölf Menschen usbekischer Herkunft umgekommen. Das Gesundheitsministerium teilte mit, die seit Tagen andauernden Unruhen hätten bislang 118 Tote gefordert, 1500 Menschen seien verletzt worden.

Gestern versammelten sich Berichten nach wieder rund 2000 Einwohner im Zentrum von Dschalalabad. Während die einen Redner die Menge aufriefen, in die Viertel der Usbeken zu ziehen, mahnten andere zur Besonnenheit. Im Laufe des Tages hätten sich die Volksgruppen jedoch mittels der "Volksdiplomatie" auf einen Kompromiss geeinigt, der beide Seite zufriedenstelle, berichtete Interfax. Unter anderem sei die Entwaffnung der Usbeken unter Aufsicht von Ältesten beider Gruppen vereinbart worden.

Schießereien waren nicht zu vernehmen, berichteten Augenzeugen. Die usbekische Gemeinschaft bestätigte allerdings, sie habe im Dorf Susak zehn Kirgisen festgesetzt, die im Dorf wild um sich geschossen hätten. Sie seien auf dem Weg in die von vielen Usbeken bewohnte Stadt Osch gewesen.

Derweil hat die provisorische Führung in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek eine "Säuberungsaktion" in den Vorstädten von Osch, der "südlichen Hauptstadt", angeordnet. Angeblich schürten "Provokateure", in Kampfanzüge oder in Ärztekittel gekleidet, Panik im Volk. Der Kommandant der Region Osch, Bakyt Alymbekow, gestand ein, dass die Lage im Süden weiterhin sehr angespannt sei.