Die Lage gerät zunehmend außer Kontrolle. Die Kämpfe zwischen den ethnischen Kirgisen und der usbekischstämmiger Minderheit dauern an.

Marchamat. Angesichts der schweren Unruhen zwischen rivalisierenden Volksgruppen in Kirgistan hat Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa den russischen Staatschef Dmitri Medwedew um militärischen Beistand gebeten. Die Lage sei „außer Kontrolle“ geraten, erklärte sie am Sonnabend im nationalen Fernsehen. Zahlreiche Usbeken flohen aus der südwestlich gelegenen Stadt Osch an die nahe Grenze.

Sie habe einen Brief unterschrieben, in dem sie Medwedew gebeten habe, Sicherheitskräfte nach Kirgistan zu schicken, sagte Otunbajewa. „Seit gestern ist die Lage außer Kontrolle geraten.“ Deshalb müsse Russland helfen. Wie die russische Regierung mitteilte, telefonierte Otunbajewa am späten Freitagabend auch mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin.

Die Interims-Präsidentin, deren Regierung im April die Macht in der ehemaligen Sowjetrepublik übernommen hatte, appellierte auch an pensionierte Polizisten und Ex-Armeeangehörige, in der umkämpften Stadt Osch die Sicherheit wiederherzustellen. Die Behörden seien für „jeden Freiwilligen“ dankbar, sagte ein Regierungssprecher der Nachrichtenagentur 24.kg.

Hauptschauplatz der Ausschreitungen zwischen Kirgisen und Angehörigen der usbekischen Minderheit ist die Stadt Osch, die frühere Hochburg von Ex-Präsident Kurmanbek Bakijew. Tausende usbekische Frauen und Kinder flüchteten unterdessen an die nahegelegene Grenze, wie ein AFP-Reporter beobachtete. Diese wurde jedoch von der usbekischen Seite nicht geöffnet. In Kirgistan sind knapp 14 Prozent der Bevölkerung Usbeken.

Eine Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Osch erklärte in einer Mitteilung, es gebe derzeit keinen sicheren Weg zum Flughafen. Usbekische Häuser würden brennen. Die internationale Gemeinschaft müsse für ein Ende der Gewalt sorgen, forderte sie. Auch in der Hauptstadt Bischkek kam es weiterhin zu Ausschreitungen. Nach Angaben des kirgisischen Gesundheitsministeriums starben in Kirgistan seit Donnerstagabend 62 Menschen, mehr als 800 wurden verletzt.

Bakijew war Anfang April gestürzt worden, im Zuge der Unruhen während des Umsturzes kamen 87 Menschen ums Leben. Seit dem Umsturz gibt es immer wieder Zusammenstöße zwischen Usbeken und Kirgisen. Otunbajewa will nun neue Präsidentin des Landes werden, die zunächst für den Herbst geplanten Wahlen wurden jedoch nach gewaltsamen Demonstrationen im Mai wieder abgesagt. In etwa zwei Wochen soll ein Referendum über die Verfassung abgehalten werden.