Palästinenserregierung besorgt über wachsende Unterstützung Ankaras für die Hamas

Hamburg/Istanbul. "Jeder sollte wissen, dass die Beziehungen zwischen unseren Ländern freundschaftlich, brüderlich und tief verwurzelt sind und dass sie Seite an Seite bis zum Ende des Weges stehen werden." Wenn der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad solche warmen Worte für einen anderen Staat findet, horcht man im Westen auf. Und wenn sich dann noch herausstellt, dass er das Nato-Mitglied Türkei, hoffnungsvoller Aspirant auf eine EU-Mitgliedschaft meint, dann regt sich Besorgnis.

Ahmadinedschad, früherer Kommandeur der radikalislamischen Revolutionsgarden, nutzte seine Teilnahme an einer hochrangigen Konferenz asiatischer Staatschefs und Außenminister in Istanbul, um die neue türkisch-iranischen Freundschaftsbande vor aller Welt zu demonstrieren. In der Istanbuler Eyüb-Sultan-Moschee, am Mausoleum für den Mohammed-Gefährten und Fahnenträger Abu Ayyub Ansari, sagte Ahmadinedschad, der Iran und die Türkei seien die "Fahnenträger von Menschlichkeit und Moralität". Die Menge in der Moschee kommentierte seine Worte mit dem Ruf "Allahu akbar - Gott ist groß". Der Holocaust-Leugner aus Teheran erging sich dann in eine Schmährede gegen Israel, dessen "Verbrechen in den 60 Jahren seines Bestehens ohne Beispiel in der Menschheitsgeschichte" seien. Jüngstes Beispiel sei die Erstürmung der Gaza-Hilfsflottille durch israelische Spezialeinheiten gewesen. Doch dieser Angriff sei "die Totenglocke für das Zionistenregime" gewesen.

Noch vor wenigen Jahren hätte ein türkischer Ministerpräsident derartige Hassreden eines Staatsgastes gegen Israel in seinem Land nicht geduldet. Es ist ein weiteres Zeichen für die tiefe Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den einstigen "strategischen Partnern" Israel und Türkei. Da bedurfte es kaum noch der Aussage des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu in einer Pressekonferenz mit den Kollegen aus Afghanistan und Pakistan, dass eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel "überhaupt nicht infrage" käme.

Regierungschef Recep Tayyip Erdogan traf sich derweil mit dem syrischen Präsidenten Basar al-Assad und erklärte, Israel müsse "den Preis" für die Militäraktion im Mittelmeer bezahlen. Der Iran und Syrien gelten als Unterstützer der israelfeindlichen Terrorgruppen Hamas und Hisbollah. Dass die Türkei nun den Schulterschluss mit Damaskus und Teheran sucht, wird im Westen mit großem Argwohn beobachtet. Erdogan war in früheren Jahren wegen radikalislamischer Äußerungen in der Türkei mit einer Haftstrafe und einem vorübergehenden Berufsverbot belegt worden. Schon der Einmarsch der israelischen Armee in den Gazastreifen im Dezember 2008 hatte die Beziehungen zwischen Jerusalem und Ankara stark belastet, doch die Tötung von neun Türken an Bord des türkischen Führungsschiffes "Mavi Marmara" durch Kopfschüsse aus israelischen Waffen hat das Tuch endgültig zerschnitten. Die USA, mit beiden Staaten verbündet, sehen sich plötzlich einem schmerzhaften politischen Spagat ausgesetzt. US-Präsident Barack Obama sprach im US-Fernsehen mit gemessener Kritik an Israel von einer "Tragödie" mit "unnötigen Todesopfern".

Doch noch eine weitere Partei ist höchst beunruhigt über den neuen türkischen Kurs: die palästinensische Autonomieregierung. Ein hoher Vertreter sagte der "Jerusalem Post", man sei in Ramallah sehr "unglücklich" über die zunehmende Unterstützung der Türkei für die Hamas. "Die Türkei ermutigt die Hamas und untergräbt die palästinensische Autonomieregierung", sagte der Regierungsvertreter. Dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas gefalle überhaupt nicht, dass Erdogan die bedingungslose Aufhebung der israelischen Blockade gegen den Gazastreifen fordere, und habe dies Erdogan auch übermittelt, schrieb die "Post". Die im Westjordanland regierende Fatah, verfeindet mit der Hamas, befürchtet, dass die Hamas bei einer Öffnung des Gazastreifens ihren eisernen Griff über das Gebiet noch verstärken werde. Erdogan hat sich bereits als Vermittler zwischen Hamas und Fatah angeboten.