Umstrittene Militäraktion vor Gaza beschädigt Beziehungen zwischen Jerusalem und Ankara

Hamburg/Istanbul. Die israelische Militäraktion gegen die Gaza-Hilfsflotte hat zu einer schweren Verstimmung im israelisch-türkischen Verhältnis geführt. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan erklärte mit Blick auf die bilateralen Beziehungen: "Der heutige Tag ist ein Meilenstein. Es ist offensichtlich, dass ab heute nichts mehr so sein wird, wie es war." Fast gleichlautend äußerte sich der türkische Staatspräsident Abdullah Gül und fügte hinzu: "Israel hat einen Fehler gemacht, den es noch bedauern wird. Den Preis dafür werden sie erst in der Zukunft verstehen." Bei dem Angriff israelischer Eliteeinheiten auf die türkisch geführte Hilfsflotte der Free-Gaza-Bewegung waren acht Türken und ein türkischstämmiger US-Staatsbürger an Bord des Führungsschiffes "Mavi Marmara" erschossen worden. Wie ein Zeuge berichtete, sei ein Fotograf erschossen worden, als er Bilder machte, und ein Aktivist, nachdem er sich ergeben hatte. Israel wollte verhindern, dass die Flotte den abgeriegelten Gazastreifen erreichte. Türkische Medien berichteten, Erdogan habe die türkische Marine in Marsch setzen wollen, sei aber vom Generalstab daran gehindert worden. Israel habe die inhaftierten Türken so rasch freigelassen, weil Ankara mit dem Abbruch der Beziehungen gedroht habe. Eine internationale Untersuchung des Vorfalls lehnte die Regierung in Jerusalem ab. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte Israel auf, die Blockade Gazas sofort aufzuheben. Der schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell, der mit zehn weiteren Schweden an Bord der Hilfsflotte war und festgenommen wurde, erhob nach seiner Rückkehr nach Schweden schwere Vorwürfe gegen Israel. Der Zeitung "Expressen" sagte er: "Die israelischen Soldaten gingen fernab der eigenen Gewässer zum bewaffneten Angriff vor. Also handelt es sich um Seeräuberei und Kidnapping." Mankell bezeichnete die israelischen Soldaten als "Diebe", da sie ihm alles persönliche Eigentum einschließlich Kreditkarten, Mobiltelefon und Geld abgenommen hätten. Er versicherte, dass sich an Bord der Schiffe "nicht eine einzige Waffe" befunden hätte. Henning Mankell startete gestern eine Leserreise durch Deutschland mit seinem neuen Wallander-Krimi "Der Feind im Schatten".