Gipfel soll heute einen Modernisierungspakt beschließen

Moskau/Brüssel. Mit einer Modernisierungspartnerschaft wollen Moskau und Brüssel ihre schwierigen Beziehungen auf ein neues Fundament stellen. Beim zweitägigen EU-Russland-Gipfel, der gestern in Rostow am Don begann, könnte dazu der Startschuss fallen. Heute soll ein Memorandum zur "Partnerschaft für Modernisierung" unterzeichnet werden.

Allerdings gehen die Vorstellungen über den Zeitplan und die Reichweite der geplanten Modernisierung weit auseinander. Für den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew stehen die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Reisefreiheit ganz oben auf der Tagesordnung. Die EU, deren komplette Spitze mit dem Ratspräsidenten Herman Van Rompuy, dem Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und der Außenbeauftragten Catherine Ashton nach Russland gereist ist, pocht allerdings auf eine Verknüpfung mit rechtsstaatlichen Reformen in Russland. Die EU verlangt zudem, dass Moskau Pässe mit biometrischen Daten einführt, seine Grenzen etwa zu den asiatischen Nachbarstaaten besser sichert und künftig mehr für die Einhaltung der Menschenrechte tut.

Moskau erhofft sich in Rostow vor allem Zusagen für die Abschaffung der Visumpflicht für russische Geschäftsleute. Bedingung für eine echte Annäherung bleibe die Forderung nach einer Abschaffung der Visumpflicht, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Und Präsident Medwedews außenpolitischer Berater Sergej Prichodko betonte: "Wir wollen einen konkreten Zeitplan und konkrete Aufgaben."

Doch obwohl es zu dem heiklen Thema bereits sechs Vorgesprächsrunden auf Diplomatenebene gab, ist eine Einigung beim Gipfel nicht in Sicht: EU-Diplomaten ließen durchblicken, dass es für visumfreie Einreisen russischer Bürger noch zu früh sei. Die EU will die Visumpflicht als Hebel nutzen. "Wer die bedingungslose Reisefreiheit nach außen fordert, muss auch Verfassungsrechte wie Demonstrations- und Versammlungsfreiheit nach innen gewähren, damit die Bürger ihre Zukunft im eigenen Land sehen", betonte der Vizevorsitzende der EU-Russland-Delegation im Europäischen Parlament, Werner Schulz (Grüne).

Russland wolle nun zumindest die Reisen für hoch qualifizierte Spezialisten und Investoren aus der EU "radikal vereinfachen", sagte der Kremlbeamte Arkadi Dworkowitsch der Moskauer Zeitung "Kommersant". Das Land sei auf kluge Köpfe und Geld für seinen wirtschaftlichen und technologischen Modernisierungskurs angewiesen.

Bei der Modernisierungshilfe sieht sich die EU durch ihren Osterweiterungsprozess als Experte. Die Union will Moskau bei Reformen von Justiz, Zivilgesellschaft und Demokratie unterstützen. In Brüssel registriert man mit Erleichterung, dass sich Russland nicht nur an den USA orientiert. Doch auf einen konkreten Fahrplan für gemeinsame Projekte wird man sich erst einigen, wenn die groben Koordinaten feststehen.