Dem US-Kriegsgefangenen droht ein Prozess wegen Geldwäsche

Hamburg/Paris. Auf dem Höhepunkt seiner Macht vor mehr als zwei Jahrzehnten war Manuel Antonio Noriega Moreno schon äußerlich ein furchterregender Mann: bullig und derart pockennarbig, dass man ihn - natürlich nur hinter vorgehaltener Hand - "das Ananasgesicht" nannte. Doch was gestern einer Air-France-Maschine auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle entstieg, war ein kleiner fülliger Greis mit Hütchen, der Hilfe beim Gehen benötigte.

Zwischen 1983 und 1989 beherrschte Noriega den mittelamerikanischen Kanalstaat Panama, bis er sich als störendes Element in das Räderwerk der amerikanischen Machtmaschine manövrierte und von ihr zermalmt wurde. Wegen Drogenhandels wurde er 1992 von einem US-Gericht in Miami zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt, eine Strafe, die später auf 30 Jahre reduziert wurde. Er saß als Kriegsgefangener der USA in einer geräumigen Unterkunft im Bundesgefängnis in Miami ein. Gegen seinen erbitterten Widerstand wurde Noriega nun an Frankreich ausgeliefert, US-Außenministerin Hillary Clinton hatte dies genehmigt. Beide Staaten wollen unbedingt verhindern, dass Noriega nach Panama zurückkehren kann.

Während seiner Amtszeit soll der selbst ernannte General mehr als drei Millionen Dollar aus Drogengeschäften bei französischen Banken gewaschen haben; 1999 war er in Paris in Abwesenheit dafür zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Nun soll es aber ein neues Verfahren geben.

Manuel Noriegas Aufstieg und Fall könnte den Stoff für einen Thriller liefern. Das uneheliche Kind, irgendwann zwischen 1934 und 1940 geboren, wuchs in einem kirchlichen Pflegeheim auf. Noriega machte rasch Karriere in der Armee Panamas, wurde Chef des militärischen Geheimdienstes und arbeitet auf das Engste mit dem US-Geheimdienst CIA zusammen. In deren Auftrag - und gegen 200 000 Dollar Honorar pro Jahr - infiltrierte er die Drogenkartelle der Region.

Doch irgendwann merkte die CIA, dass Noriega auch mit dem organisierten Verbrechen paktierte. Zudem geriet er in das Visier der Amerikaner, als er im Zusammenhang mit Baumaßnahmen am Panamakanal lukrative Aufträge an japanische Konzerne geben wollte. Das störte die Interessen des US-Baukonzerns Bechtel Corporation. Einige ihrer ehemaligen Top-Manager hatten dem Kabinett von Ronald Reagan angehört und saßen auch in der Regierung von George H. W. Bush. Da Noriega sich zudem zu einem Tyrannen entwickelte, der Wahlen manipulierte und jede Opposition brutal unterdrückte, beschloss die Regierung von Bush senior, Noriega während einer Invasion gefangen zu nehmen.

Dieser Feldzug einer Supermacht gegen einen einzelnen Mann dürfte historisch ohne Parallele sein. Die Blitz-Invasion begann am 20. Dezember 1989. Nachdem zwischen 200 und 5000 Menschen - je nach Quelle - in Panama-City den US-Bombenangriffen zum Opfer gefallen waren, ergab sich der Regierungschef den US-Truppen. Er hatte sich elf Tage lang in der Nuntiatur des Vatikans versteckt gehalten.

In Panama wurde Noriega, der nie Präsident war, wie viele glaubten, wegen des Auftrags für den Mord an dem Oppositionellen Hugo Spadafora zu 20 Jahren Haft verurteilt.