Ungarns Wahlsieger geht auf Distanz zu EU und IWF und kündigt Steuersenkungen an

Budapest. Der künftige ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat seinem Land am Tag nach dem überwältigenden Wahlsieg seiner Konservativen eine "andere Politik" versprochen. "In Ungarn wurde nicht nur einfach eine Regierung aus dem Amt gescheucht", sagte Orban bei einer Pressekonferenz in Budapest, "sondern es ist der Anspruch formuliert worden, dass die Politik anders funktionieren soll." Orbans oppositioneller rechtskonservativer Bund Junger Demokraten (Fidesz) hatte sich bei der zweiten Runde der ungarischen Parlamentswahl eine Zweidrittelmehrheit im neuen Parlament gesichert.

Orban ging zugleich auf Distanz zum IWF und zur EU. "Nach meiner Ansicht sind weder der Internationale Währungsfonds noch die Europäische Union unsere Bosse. Wir müssen uns ihnen nicht beugen", sagte Orban. Seine Regierung müsse zwar akzeptieren, dass beide Organisationen als Gläubiger ein Mitspracherecht bei finanzpolitischen Entscheidungen hätten. Es müssten daher bald Verhandlungen aufgenommen werden. "Aber das Ziel dieser Gespräche ist nicht, dass wir einem Diktat folgen." Als wichtigstes Reformvorhaben kündigte Orban umfassende Steuersenkungen an, um die Konjunktur anzuschieben und neue Arbeitsplätze zu schaffen. "Mit dem derzeitigen Steuersystem wird die Wirtschaft ersticken", sagte Orban.

Der rechtskonservative Politiker, der vor 1998 zum ersten Mal das Amt des Regierungschefs in Ungarn übernahm, gilt als eiskalter Machtpolitiker. Für den heute 46-Jährigen ist der Durchmarsch bei der Wahl nach acht Jahren in der Opposition eine persönliche Revanche an den regierenden Sozialisten. Mit seinen populistischen Wahlversprechen traf er den Nerv vieler Bürger. So versprach er die Bekämpfung der Bürokratie und der Korruption, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen.

Orban spricht ohnehin gern in allgemeinen Wendungen von "Volk" und "Nation". Dabei wird er nicht müde, Kritik an der Globalisierung sowie an Privatisierungen zu üben. Der Soziologe und Jurist gilt als brillanter Redner und weltgewandter Politiker. 1988 gehörte er zusammen mit einer Handvoll oppositioneller Studenten zu den Gründungsmitgliedern der Fidesz. Heute ist Orban, ein fünffacher Familienvater, Vizepräsident der konservativen Europäischen Volkspartei.