Warschau. Noch einmal Blumen, noch einmal Spalier am Straßenrand: Zwei Tage nach dem Leichnam des polnischen Präsidenten und früheren Warschauer Oberbürgermeisters sind gestern auch die sterblichen Überreste seiner Frau Maria Kaczynska durch Polens Hauptstadt gefahren worden. Tausende Menschen säumten die Strecke vom Flughafen bis zum Präsidentenpalast.

Der Sarg war am Vormittag aus Moskau nach Hause geflogen worden. Die 67-jährige Maria Kaczynska war in Polen vermutlich beliebter gewesen als ihr Mann. Sie hatte Außenhandel studiert und in Danzig, wo sie 1976 ihren späteren Mann kennenlernte, wissenschaftlich gearbeitet. Bei Themen wie Umweltschutz und Frauenrechte setzte sie als First Lady gelegentlich andere Akzente als ihr konservativer Mann. Zugleich war sie ihm auch politisch eine wichtige Stütze, rückte ihm gelegentlich die Krawatte zurecht und übernahm öffentliche Aufgaben. Die Kaczynskis hinterlassen eine erwachsene Tochter. Derweil ist die 83 Jahre alte Mutter der Kaczynski-Brüder, Jadwiga, seit Längerem schwer krank. Laut Presseberichten weiß sie noch nichts von dem Flugzeugunglück.

Nach einer Zeremonie im Familienkreis wurden die Särge des Präsidentenpaares am Nachmittag im Palast aufgebahrt, um der Öffentlichkeit Gelegenheit zum Abschied von den beiden zu geben. Das polnische Parlament gedachte unterdessen auf einer Sondersitzung der Opfer des Flugzeugunglücks. Der Wald von Smolensk sei zum "Ort des polnischen Dramas" geworden, heißt es in der Erklärung beider Parlamentskammern. Dieser Verlust könne nicht ersetzt werden. Unter den 96 Todesopfern der Flugzeugkatastrophe befanden sich insgesamt 18 Parlamentarier sowie weitere führende Persönlichkeiten des Landes.

Die Abgeordneten bedankten sich bei den Russen für die erwiesene "Anteilnahme und Solidarität". Außenminister Radoslaw Sikorski sah in der russischen Anteilnahme eine Chance auf Annäherung zwischen seinem Land und Russland. "Der psychologische, emotionale Durchbruch ist bereits geschehen", sagte Sikorski. Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski bat alle Parteien, ihm zu helfen, "den Staat durch die schwere Zeit zu führen". Komorowski hat nach dem Tod des Präsidenten die Geschäfte des Staatsoberhauptes übernommen.

Unklar ist auch die künftige Rolle des Zwillingsbruders des verunglückten Präsidenten, Jaroslaw Kaczynski. Nachdem seine Partei fast ihre ganze Führung verloren hat, meldet er sich kaum öffentlich zu Wort. Er habe jetzt "keinen Kopf" für die Politik, sagte ein Sprecher der Partei. Für die anstehende Präsidentenwahl gilt Kaczynski manchen als natürlicher Kandidat für die Nachfolge seines Bruders.

Polens Präsidentenpaar wird an diesem Wochenende seine letzte Ruhe neben den Königen seines Landes finden. Lech Kaczynski und seine Frau Maria sollen am Sonntag in Krakau auf der Wawel-Burg beigesetzt werden. Die einstige Residenz polnischer Könige ist auch Grabstätte für fast 20 Monarchen vom 14. bis zum 18. Jahrhundert. Der Staatsakt für alle 96 Opfer des Unglücks von Smolensk ist für Sonnabend vorgesehen.

Nach ersten Untersuchungen schlossen die russischen Behörden eine technische Panne als Grund für den Absturz der polnischen Präsidenten-Maschine erneut aus. Russlands Chefermittler Alexander Bastrykin sagte, die Untersuchungen würden noch mindestens drei Tage dauern. Noch immer finde man persönliche Gegenstände der Opfer.