Die Fronten zwischen Regierung und Opposition verhärten sich zunehmend. Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva lehnt seinen Rücktritt weiter ab.

Hamburg. Bangkoks Straßen glichen gestern einem Schlachtfeld: Patronenhülsen, umgekippte Panzerfahrzeuge und Blutflecken auf dem Asphalt zeugten von den gewalttätigsten Zusammenstößen in Thailand seit 1992. Am Sonnabend waren in der Hauptstadt bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern, den sogenannten Rothemden, vier Soldaten und 17 Zivilisten ums Leben gekommen, darunter ein japanischer Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters. Mindestens 825 Menschen wurden verletzt.

Der Konflikt zwischen Regierung und Opposition schwelt schon seit einem Monat. Bei friedlichen Demonstrationen hatten die Rothemden immer wieder den Rücktritt von Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva und Neuwahlen gefordert. Am Sonnabend eskalierte die Lage dann. Rund um das Denkmal der Demokratie in Bangkok spielten sich bürgerkriegsähnliche Szenen ab. Tausende Soldaten versuchten mit Gummiknüppeln und -geschossen Zehntausende Rothemden zurückzudrängen. Über die Köpfe hinweg schossen Wasserwerferfontänen, Tränengasgranaten nebelten die Menschen ein. Immer wieder waren auch Schüsse zu hören. Ein japanischer Tourist, der zufällig ein rotes Hemd trug, wurde von Soldaten verprügelt, bis ihm andere zu Hilfe kamen. Die Rothemden ließen sich indes nicht einschüchtern, schleuderten stattdessen Speere, Steine und Molotowcocktails auf die Sicherheitskräfte. Nach zwei Stunden zogen sich die Soldaten schließlich zurück. Vorwürfe, sie hätten mit scharfer Munition geschossen, wies ein Regierungssprecher zurück. Die Sicherheitskräfte gaben an, sie hätten nur in die Luft geschossen, als sie angegriffen worden seien.

Nach dem Wochenende stehen sich Regierung und Opposition unversöhnlicher denn je gegenüber. "Die Rothemden werden niemals mit Mördern verhandeln", sagte einer der Führer der Protestbewegung, Jatuporn Prompan. Die Regierungsgegner belagerten weiterhin die Altstadt und das Geschäftsviertel in Bangkok.

Die Rothemden sind zumeist Anhänger von Ex-Regierungschef Thaksin Shinawatra. Das Militär hatte den Milliardär nach fünf Jahren im Amt 2006 gestürzt. Er finanziert die Demonstranten weitgehend. Sie gehören vor allem der armen Landbevölkerung an, während die Regierung ihren Rückhalt in den städtischen Eliten hat. Abhisit werfen die Rothemden vor, nur im Interesse der Eliten zu regieren. "Wir fordern Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva auf, sofort zurückzutreten und das Land zu verlassen", sagte Nattawut Saikuar, einer der Anführer der Oppositionellen.

Doch Abhisit schloss in einer Fernsehansprache ein Einlenken aus. Er bekundete zwar sein Beileid für die Opfer der Unruhen und kündigte eine unabhängige Untersuchung an, machte aber deutlich, dass er sich dem Druck der Straße nicht beugen werde. Abhisit hatte bereit am 7. April den Ausnahmezustand verhängt, nachdem die Rothemden das Parlament gestürmt hatten. Am Tag darauf ließ er den TV-Sender der Opposition abschalten. Die Behörden erließen nun zudem Haftbefehle gegen 27 Führer der Protestbewegung, von denen zunächst aber offenbar keiner vollstreckt wurde.

Regierungssprecher Panithan Wattanayakorn erklärte gestern, weiteres Blutvergießen solle verhindert werden. Die Stadt solle zur Normalität zurückkehren. Ein Ende der Proteste ist jedoch nicht in Sicht: Heute wollen die Rothemden ihre Toten durch die Straßen tragen. "Es ist unsere Pflicht, die Toten zu ehren, indem wir diesem Land die Demokratie bringen", sagte Protestführer Jatuporn Prompan.