Bangkok/Singapur. Nach wochenlangen Protesten gegen die Regierung in Bangkok hat Thailands Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva den Ausnahmezustand verhängt. Zuvor hatten mehrere Hundert Demonstranten das Parlamentsgelände gestürmt und Minister und Abgeordnete in die Flucht getrieben. Der Ausnahmezustand gilt für die Hauptstadt und umliegenden Provinzen. Er sei nötig, um "Frieden und Ordnung wiederherzustellen", sagte Abhisit in einer Fernsehansprache.

"Es gibt eine Gruppe in diesem Land, die Chaos anrichten will und falsche Informationen verbreitet, damit andere sich ihr anschließen", sagte Abhisit. "Es ist deshalb notwendig, dass die Regierung die Normalität wiederherstellt." Unter dem Ausnahmezustand sind alle Versammlungen von mehr als fünf Menschen verboten, bestimmte Freiheitsrechte sind eingeschränkt. Außerdem ist den Medien die Veröffentlichung von Berichten untersagt, die "Panik verursachen". Die Wahrung der Sicherheit obliegt der Armee.

Ob die mehr als 30 000 Demonstranten in Bangkok sich dadurch einschüchtern lassen, blieb fraglich. Veera Mooksikapong, einer der Anführer der Protestbewegung UDD, blieb gelassen. "Ich glaube nicht, dass die Soldaten Abhisits Befehle mögen", meinte er. "Wir haben keine Angst", sagte sein Mitstreiter Weng Tojrakarn. "Wir bleiben bei unserem gewaltlosen Kampf."

Abhisit war unter Zugzwang. Ihm war vorgeworfen worden, er lasse sich von den Regierungsgegnern auf der Nase herumtanzen. Geschäftsleute beschwerten sich über Einnahmeausfälle in Millionenhöhe, während die Demonstranten das öffentliche Leben seit mehr als drei Wochen praktisch ungestraft stören durften.

Seit dem vergangenen Wochenende sind die Demonstranten in ihrem Widerstand gegen Regierung und Sicherheitskräfte immer entschlossener geworden. Obwohl die Behörden die Besetzung des Geschäftsviertels für illegal erklärten, ignorierten sie Aufrufe, die Straßen zu räumen. Die Polizei verhängte ein Ultimatum, das aber folgenlos verstrich. Einen halbherzigen Versuch, die Zufahrtsstraßen zu dem besetzten Geschäftsviertel abzusperren, gaben Polizisten am Ende auf. Auch die Armee, die als Rückhalt der Regierung galt, blieb zurückhaltend. Armeechef Anupong Paojinda soll die Aufforderung zum Einschreiten verweigert haben - die Armee könne nicht auf wehrlose Menschen losgehen. "Wir beobachten die Situation. Ich persönlich glaube, dass der politische Konflikt positiv gelöst werden kann, aber wann, kann ich nicht sagen", sagte Oberbefehlshaber Songkitti Chakkabart.

Die Lage vor dem Parlamentsgebäude spitzte sich gestern zu, als Regierungsgegner der Polizei vorwarfen, zwei Rauchbomben auf die Demonstranten geworfen zu haben. Die Bomben detonierten nicht. 20 Demonstranten drangen ins Parlament ein, um Rechenschaft zu verlangen. Sie zogen wieder ab, als klar war, dass Minister und Parlamentarier vor dem Ansturm das Weite gesucht hatten. Einige Minister wurden mit dem Helikopter von dem Gelände geholt, andere stiegen mit Leitern über die Zäune und eilten davon.

Die UDD demonstriert seit Mitte März in Bangkok. Die meisten kommen aus dem Lager von Thaksin Shinawatra. Der Milliardär war 2001 Regierungschef geworden und hat vor allem bei den armen Massen in den abgelegenen Provinzen Rückhalt. Das Militär stürzte ihn 2006 wegen Korruptionsvorwürfen. Thaksin flüchtete vor einer Gefängnisstrafe ins Exil und feuert die Demonstranten per Video ständig an. Die Oppositionellen verlangen den sofortigen Rücktritt von Abhisit. Er habe keine Mehrheit im Volk, sagen sie.