Hamburg. Die Reaktion auf den Umleitungstrick kam prompt: Chinas Regierung hat dem Internetgiganten Google Spionage im Interesse der USA vorgeworfen. Einen Tag nach dem Einrichten einer Weiterleitung der chinesischen Suchanfragen auf die weniger zensierte Google-Seite in Hongkong schrieb das Zentralorgan der Kommunistischen Partei "People's Daily": "In der Tat, was Werte angeht, ist Google kein Unschuldslamm. Seine Zusammenarbeit und das Zusammenspiel mit US-Geheim- und Sicherheitsdiensten ist weithin bekannt."

Die USA, so die Zeitung, versuchten seit Jahren einen Internetkrieg zu führen. Googles Streit mit China könne eine Art "Probeschlacht vor Tagesanbruch" sein. China solle das Verhalten Googles zum Anlass nehmen, sich mehr auf die eigene Entwicklung von Technologie zu konzentrieren.

Darin liegt das Hauptproblem für das diktatorische Land mit seiner boomenden Wirtschaft. Je weniger Konkurrenz es gibt für Suchmaschinen wie Baidu oder die nach dem YouTube-Verbot aufgetauchten Videoportale Youku.com und Tudou.com, desto weniger innovativ sind sie. US-Unternehmen haben es in China aber ohnehin schwer, da sie oft den Markt nicht verstünden, sagen Analysten. 60 Prozent der Internetnutzer seien unter 30, sagte Richard Ji von Morgan Stanley der "New York Times". In den USA seien 60 Prozent über 30. Für Chinas Online-Gemeinde zähle Unterhaltung viel stärker als Information. Google und andere ausländische Firmen hätten es nicht verstanden, sich mit Chinas Machthabern zu arrangieren.

Für Google ist die China-Krise auch deshalb schädlich, weil es eine möglicherweise milliardenschwere Kooperation mit dem größten Mobilfunkanbieter China Mobile anbahnte. Die Gespräche sind nun auf Eis gelegt.

Google will auf dem chinesischen Markt schrittweise auch die Zusammenarbeit mit Partnerfirmen beenden. Es werde keine Partnerschaftsabkommen mehr geben, die auf eine zensierte Suche im Internet hinausliefen, erklärte der US-Konzern. Laufende Verträge würden erfüllt.

Von China aus konnten gestern Seiten wie google.com oder google.co.uk nur zeitweise geöffnet werden. Google-Sprecher Kay Oberbeck sagte zum Umzug der Suchmaschine: "Vorher gab es überhaupt keine Transparenz darüber, welche Inhalte zensiert waren. Nun sehen die Nutzer viel mehr." So würden in den Trefferlisten auch blockierte Seiten angezeigt.