Paris. Frankreichs politische Landkarte schimmert seit Sonntag rosa-rot. Einzig im Osten gibt es noch einen blauen Zipfel. Das Elsass ist - neben den Überseedepartements Guayana und La Réunion - die einzige Region, die Nicolas Sarkozys Regierungspartei UMP bei den Stichwahlen hat gewinnen können. In allen übrigen Regionen siegten die Sozialisten mit ihren Bündnispartnern.

Eine Ausnahme bildet lediglich die Region Languedoc-Roussillon im Südosten des Landes, wo der unabhängige Kandidat Georges Frèche siegte. Im Landesdurchschnitt erzielte die Vereinigung der Linken 54,3 Prozent der Stimmen, die UMP erreichte 36,1, der rechtsextreme Front National 8,1 Prozent. Etwas mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten hatten sich an der Abstimmung beteiligt.

Sarkozy empfing gestern Premierminister François Fillon im Élysée-Palast, um Konsequenzen aus dem Wahldebakel zu ziehen. Fillon hatte zuvor erklärt, er übernehme die Verantwortung für die Niederlage. Mit einer Entlassung Fillons rechnet in Paris kaum jemand. Als wahrscheinlich gilt jedoch, dass Sarkozy sein Kabinett umbildet. Als besonders angeschlagen gilt Sozialminister Xavier Darcos, der für Sarkozy die dringende und umstrittene Reform des Rentensystems durchboxen soll. Durch seine schwere Niederlage als Kandidat in der Region Aquitaine ist er jedoch nun stark geschwächt. Den Schreibtisch räumen muss womöglich auch der Minister für den wirtschaftlichen Aufschwung, Patrick Devedjian. Der Integrations- und Immigrationsminister Eric Besson, ein ehemaliger Sozialist, der für die umstrittene Debatte über die "nationale Identität" verantwortlich war, wird möglicherweise mit einem anderen Ressort betraut.

Die stellenweise aus dem Ruder gelaufene Identitätsdebatte gilt als einer der Gründe für das Comeback des rechtsextremen Front National. Neben der Personaldebatte beschäftigt die Konservativen nun vor allem die Frage, wie die verlorenen Wähler der bürgerlichen Mitte, die diesmal zu Hause geblieben sind, und jene des rechten Randes, die wieder Le Pen wählen, zurückgewonnen werden können.

Bestens war die Stimmung hingegen im Lager der Linken. Die Sozialistische Partei (PS), Grüne und Kommunisten hatten sich in der vergangenen Woche recht reibungslos auf eine gemeinsame Liste geeinigt. Die PS-Vorsitzende Martine Aubry forderte beflügelt von ihrem Wahlsieg Sarkozy auf, "seine Politik zu ändern". Insbesondere die geplante Territorialreform müsse Sarkozy aufgeben, da diese die Regionen zerstöre. Aubry, die den Parteivorsitz Ende 2008 nach einem chaotischen Parteitag übernommen hatte, ist es gelungen, die Partei zu konsolidieren. Der Erfolg macht die Tochter des ehemaligen Präsidenten der EU-Kommission, Jacques Delors, nun selbst zu einer möglichen Bewerberin um die sozialistische Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2012.

Doch auch ihre parteiinterne Rivalin Ségolène Royal geht gestärkt aus der Regionalwahl hervor. Royal, die die Präsidentschaftswahl im Jahr 2007 gegen Sarkozy verloren hatte, wurde in ihrer Region Poitou-Charentes mit 60 Prozent der Stimmen wiedergewählt und ließ umgehend durchblicken, dass sie weiterhin höhere Ambitionen hat.

Die hat möglicherweise noch Jean-Marie Le Pen. Die Freude des 81-Jährigen über das gute Ergebnis des Front National wurde nur durch die stets wiederkehrende Frage getrübt, ob dies seine letzte Wahl gewesen sei. "Ich frag Sie doch auch nicht, ob das Ihre letzte Reportage war", blaffte er einen Reporter an.