Hamburg/Jerusalem. Der Westen verdächtigt den Iran seit Langem, ein Programm zu unterhalten, das letztlich dem Bau einer Atombombe dient - doch die Regierung des Öl-Staates wird nicht müde zu beteuern, dass seine Nuklearanlagen ausschließlich zivilen Zwecken dienen - dem Ausbau der Atomenergie für die Zeit nach dem Ende der Erdölvorräte.

Doch nun sind Dokumente aufgetaucht, die die iranische Atompolitik in ein ganz neues, dubioses Licht rücken.

Nach Unterlagen, an die der amerikanische Wissenschaftler Simon Henderson gelangte, hat der Iran um 1987 herum versucht, einsatzbereite Atombomben in Pakistan zu kaufen.

Henderson arbeitet am Washington Institute for Near East Policy (Winep), einer Denkfabrik, die die Nahost-Politik der US-Regierung beeinflusst. Zum Winep-Beraterkreis gehören allein vier ehemalige US-Außenminister und etliche andere Ex-Kabinettsmitglieder. Gegründet wurde Winep 1985 vom früheren US-Botschafter in Israel, Martin Indyk. Indyk, der auch Staatssekretär und Nationaler Sicherheitsberater unter Bill Clinton war, ist als Verhandlungsführer bei den Nahost-Friedensgesprächen von Camp David in Erinnerung.

Simon Henderson ist in den Besitz von Gesprächsprotokollen gelangt, die bei den Verhören des pakistanischen Wissenschaftlers Abdul Kadir Khan angefertigt wurden. Khan gilt als "Vater der pakistanischen Atombombe" und ist in seinem Heimatland äußerst populär. Er wurde von Pakistans Regierung zwischen 2005 und 2009 unter Hausarrest gestellt und verhört, nachdem bekannt geworden war, dass er als "Händler des Todes" Nuklear-Bombentechnologie weltweit an die höchsten Bieter verkauft hatte - unter anderen an den Iran und Libyen. Nach einer Welle internationaler Empörung gab die pakistanische Regierung die Unterlagen über Khan an den Westen weiter - nicht aber jene Dokumente über den gescheiterten Bombendeal.

Wie die israelische Zeitung "Haaretz" jetzt berichtete, reiste im Jahre 1987 - möglicherweise auch 1988 - der hochrangige Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden, Admiral Ali Shamkhani, mit einer Entourage nach Islamabad. Shamkhani, der von 1997 bis 2005 iranischer Verteidigungsminister war, habe zehn Milliarden Dollar für einsatzbereite Atombomben geboten. Er sei sogar bereits vorbereitet gewesen, um sie gleich mitzunehmen.

Wie aus den Henderson-Papieren hervorgeht, habe Pakistan abgelehnt. Doch sei Khan anschließend in den Nahen Osten gereist und habe dem Iran Baupläne für jene Zentrifugen übergeben, die in Natans zur Urananreicherung dienen. Für seine Dienste habe der Iran fünf Millionen Dollar auf diverse, unter falschen Namen laufende Khan-Konten überwiesen, schreibt "Haaretz".

Über Scheinfirmen transferierte Khan Nuklearbomben-Technologie auch nach Libyen. Unter starkem amerikanischen Druck entschied sich Libyen 2003, sein Atomprogramm einzustellen und geheime Dokumente über den Atom-Deal an die CIA zu übergeben. Khan steht auch im Verdacht, Pläne für Atombomben an Nordkorea verkauft zu haben. Er lebt heute mit seiner britischen Frau in einem Villenvorort von Islamabad.