Die Affäre um den Mord an einem Führer der radikalislamischen Hamas zieht immer weitere Kreise. Dabei gerät Israel zunehmend unter Druck. .

London/Dubai. Der Polizeichef in Dubai beschuldigte erstmals direkt den israelischen Geheimdienst Mossad der Tat. Großbritannien und Irland bestellten am Donnerstag die israelischen Botschafter ein, weil die mutmaßlichen Täter gefälschte britische und irische Pässe benutzt hatten. Der britische Außenminister David Miliband forderte die israelische Regierung in diesem „empörenden“ Fall zur Zusammenarbeit auf. Berlin, Wien und Paris verlangten ebenfalls Aufklärung. In die Untersuchungen schaltete sich inzwischen auch Interpol ein.

Der ranghohe Funktionär der Palästinenserorganisation Hamas, Mahmud al-Mabhuh, war im Januar in einem Luxus-Hotel in Dubai umgebracht worden. Die Polizei der Vereinigten Arabischen Emirate ermittelt gegen elf Verdächtige, die mit gefälschten europäischen Pässen nach Dubai gereist sein sollen. Es waren sechs britische Pässe, drei irische, ein deutscher und ein französischer. „Unsere Untersuchungen haben zutage gebracht, dass der Mossad in die Ermordung von Al-Mabhuh verwickelt ist“, sagte Dubais Polizeichef der Zeitung „The National“ in den Vereinigten Arabischen Emiraten. „Wir sind zu 99, wenn nicht gar zu 100 Prozent sicher.“ Der Zeitung „Gulf News“ sagte er, es deute „alles darauf hin“, dass der Mossad involviert sei.

Die israelische Regierung äußerte sich am Donnerstag nicht zu den Vorwürfen. Außenminister Avigdor Lieberman hatte jedoch am Vortag die Anschuldigungen zurückgewiesen.

Interpol veröffentlichte einen internationalen Haftbefehl für die elf Verdächtigen. „Es wird immer deutlicher, dass diejenigen, die den Mord an Mahmud al-Mabhuh geplant haben, gefälschte europäische Pässe von unschuldigen Bürgern benutzt haben“, betonte Interpol-Chef Ronald Noble. Er rief dazu auf, sich bei der Suche nach den Verdächtigen vor allem auf die von Interpol veröffentlichten Fotos zu stützen.

Miliband sagte in London, die Regierung sei entschlossen, der Sache mit den gefälschten Pässen „auf den Grund zu gehen“. Er „hoffe und erwarte“ vonTel Aviv, bei den Ermittlungen zu kooperieren. Premierminister Gordon Brown hatte die Untersuchung des Kriminalamtes am Vortag angekündigt. Miliband betonte jedoch: „Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir keine Anschuldigungen erheben, bevor wir wissen, dass sie gut begründet sind.“ Der Fall solle auch an diesem Montag bei einem Treffen der Außenminister in Brüssel zur Sprache kommen, an dem auch Lieberman teilnehmen werde.

Der israelische Botschafter in London, Ron Pasor, sagte nach dem Treffen im Außenministerium, er habe keine zusätzlichen Informationen. Sein Pendant in Dublin, Zion Evrony, sagte, er wisse nichts über den Mord in Dubai. Der irische Außenminister Micheal Martin erklärte, es handle sich um einen „außerordentlich ernsten Fall“, der die Sicherheit irischer Bürger aufs Spiel setze. Der Chef des Hamas-Politbüros, Chaled Maschaal, kündigte in der syrischen Hauptstadt Damaskus an, die Vergeltung für den Tod Mabhuhs rücke näher. Die Zeitung „Jerusalem Post“ schrieb, Mabhuh sei mit dem Schmuggel von Raketen mit größerer Reichweite in den Gazastreifen beschäftigt gewesen. Damit wäre eine Bevölkerung von rund drei Millionen Einwohnern im Großraum Tel Aviv sowie im Süden bedroht. Bislang konnte die Hamas die Außenbezirke von Tel Aviv noch nicht erreichen.

Der Nahost-Beauftragte des Auswärtigen Amtes, Andreas Michaelis, traf in Berlin mit dem Gesandten der israelischen Botschaft zusammen. Er verlangte von dem Gesandten, alle Informationen zu übermitteln, die zur Aufklärung der Todesumstände beitragen könnten. Außenminister Guido Westerwelle versicherte: „Deutschland wird alles tun, was nötig ist, um zur Aufklärung des Falles beizutragen.“ Im Unterschied zu Großbritannien und Irland verzichtete die Bundesregierung jedoch auf die Einbestellung des israelischen Botschafters.

Ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums bestätigte Ermittlungen der Behörden, da die Täter Mobiltelefone aus dem Alpenland benutzt haben sollen. Man stehe in Kontakt mit den offiziellen Stellen in Dubai, die Untersuchungen in Österreich hätten bereits am Montag begonnen. Bisher gebe es aber noch keine Ergebnisse, so Sprecher Rudolf Gollia.

Die österreichischen Behörden ermittelten bereits bei den Anschlägen 2008 im indischen Mumbai auf ähnliche Weise: Damals benutzten die Täter auch österreichische Handys. Später kam heraus, dass eine Charge SIM-Karten aus dem Alpenland an einen Verkäufer in einem dritten Land gingen, der sie dann weiter vermarktete. „Das könnte auch in diesem Fall so gewesen sein“, sagte Gollia.

Frankreich fordert von Israel Aufklärung „über die Umstände der Nutzung eines falschen französischen Passes“ bei der Ermordung des Hamas-Führers. „Wir sind in ständigem Kontakt mit den Behörden in Dubai (...) nd arbeiten mit ihnen zusammen“, teilte das Außenministerium mit.