Schwerstes Attentat seit den Mumbai-Angriffen 2008. Unter rund 60 Verletzten ist eine Frau aus München.

Hamburg/Pune. Die "Deutsche Bäckerei" in der westindischen Metropole Pune (früher Poona), rund 125 Kilometer südöstlich von Mumbai, dem ehemaligen Bombay, ist ein beliebtes Touristenziel. Die German Bakery - weniger Bäckerei als Lokal - ist ein Überbleibsel aus der Hippie-Zeit in Indien.

Am Sonnabend bemerkte ein Kellner in dem geschäftigen Lokal einen herrenlosen Rucksack unter einem Tisch und alarmierte den Manager. Gerade wollte er sich nach dem Besitzer umsehen, als er von einem Gast um Wasser gebeten wurde. Das rettete ihm das Leben: "Während ich die Flasche holte, ging die Bombe hoch", erzählte der Mann dem Sender NDTV 24x7 vom Krankenhausbett aus. Keiner der Gäste in der Nähe habe überlebt.

"Wir hörten einen lauten Knall und dann sind wir alle rausgerannt", sagte ein anderer Angestellter. "Die Wucht der Explosion war so groß, dass überall kleine Körperteile herumlagen." Die Detonation riss einen tiefen Krater in das am frühen Abend voll besetzte Touristenlokal.

Bei dem schwersten Bombenattentat in Indien seit den Angriffen von Mumbai im November 2008 mit 166 Toten kamen mindestens neun Menschen ums Leben, die meisten von ihnen junge Leute. Nach Polizeiangaben sollen auch ein Italiener und ein Iraner unter den Toten sein. Rund 60 Menschen wurden verletzt, darunter auch eine 64-jährige Bhagwan-Anhängerin aus München sowie vier Iraner, zwei Nepalesen und ein Taiwaner. Nach Angaben von "Focus" lebt die Deutsche seit Jahren in Pune. Unweit des Lokals befindet sich das Meditationszentrum Osho Ashram, das von Menschen aus aller Welt aufgesucht wird.

Gründer war Bhagwan Shree Rajneesh, der sich später Osho nannte und 1990 in Pune starb. Nicht weit entfernt von der German Bakery ist auch ein jüdisches Gemeindezentrum.

Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Doch es dürfte kaum ein Zufall sein, dass er sich nur einen Tag ereignete, nachdem sich Indien und Pakistan auf die Wiederaufnahme ihrer Friedensgespräche am 25. Februar geeinigt hatten. Seit der Unabhängigkeit 1947 streiten beide Staaten - inzwischen atomar bewaffnet - um die geteilte Himalaja-Region Kaschmir und haben bereits zwei Kriege darum geführt. Die von Pakistan aus operierende radikalislamische Terrorgruppe Lashkar-i-Taiba (LeT), die auch für die Anschläge von 2008 verantwortlich war, will eine Annäherung der beiden Staaten mit allen Mitteln verhindern. Das dreitägige Massaker in Mumbai hatte damals dazu geführt, dass Delhi und Islamabad ihre Friedensgespräche aussetzten. Das Attentat von Pune könnte, falls die Spur tatsächlich nach Pakistan führen sollte, eine neue Eiszeit heraufbeschwören. Indiens Innenminister Palaniappan Chidambaran sprach von einem "heimtückischen Angriff"; Pakistans Regierungschef Yousuf Raza Gillani beeilte sich, den Anschlag von Pune zu verurteilen, und betonte: "Wir wollen gute Beziehungen zu Indien haben."

Chidambaran sagte weiter: "Alle uns vorliegenden Informationen deuten auf einen Plan, einen Sprengsatz an einem Ort zu zünden, der sowohl von Ausländern als auch von Indern besucht wird." Die Gegend um das Café sei seit einiger Zeit von Terroristen ausgekundschaftet worden. Nach Angaben des Innenministeriums hat sich der US-Amerikaner David Headley, ein mutmaßliches Mitglied der LeT, mehrfach in der Gegend aufgehalten.

Pune, im indischen Bundesstaat Maharashtra gelegen, zählt mit Vorstädten vier Millionen Einwohner. Der einstige Magnet für Bhagwan-Anhänger, Hippies und Sinnsuchende aus aller Welt hat sich zu einer Wirtschaftsmetropole entwickelt. Im vergangenen Jahr hatte auch Volkswagen mit einer Milliardeninvestition sein erstes Werk in Indien dort eröffnet.