Davos. Mit einer Forderung nach dem Umbau des Finanz- und Währungssystems hat der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy gestern das 40. Weltwirtschaftsforum in Davos eröffnet. Er stimme mit US-Präsident Barack Obama darin überein, dass etwa die Banken von unmäßigen Spekulationen oder dubiosen Finanzgeschäften abgebracht werden müssten, sagte Sarkozy. "Diese Debatte kann aber nicht auf ein einzelnes Land begrenzt sein, wie groß auch immer sein Gewicht in der weltweiten Finanzwelt ist." Dieses Thema gehöre in die Gruppe der G20, in der Industrie- und Schwellenländer versammelt sind. Frankreich werde im kommenden Jahr den Vorsitz der G20 übernehmen und "ein neues Bretton Woods" anregen, sagte Sarkozy in Anspielung auf das nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene Weltwährungssystem weiter.

2500 Spitzenkräfte aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aus über 90 Ländern haben sich in dem Schweizer Nobel-Skiort versammelt. An dem fünftägigen Treffen nimmt neben Sarkozy auch der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva teil.

Zentrales Thema werden die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise sein. Aber auch die Erdbebenkatastrophe in Haiti soll Gegenstand der Konferenz sein, die im 40. Jahr ihres Bestehens unter dem Motto steht: "Den Zustand der Welt verbessern: überdenken, umgestalten, erneuern". Für Sonnabend haben Globalisierungsgegner eine Demonstration gegen das Treffen angekündigt, die in Basel stattfinden soll.

Am ersten Tag des Treffens ging es um die Risiken einer ungleichgewichtigen Erholung der Weltwirtschaft, die von dem Boom in China angetrieben und der Arbeitslosigkeit in vielen Industrieländern gebremst wird. Trotz hoher Arbeitslosigkeit sehen sich die Regierungen vieler Industriestaaten in diesem Jahr gezwungen, sich schrittweise wieder aus den massiven Stützungshilfen für Banken und Konjunkturprogrammen zurückzuziehen.

"China allein kann nicht der einzige Motor des globalen Wirtschaftswachstums sein", warnte Nouriel Roubini, Finanzwissenschaftsprofessor an der Universität New York, der wegen der Vorhersage der aktuellen Krise bekannt wurde. In der ersten Jahreshälfte werden nach seinen Worten noch die Folgen der staatlichen Stimulierungshilfen zu spüren sein. "In der zweiten Jahreshälfte wird man einen Niedergang in den USA, Europa und Japan sehen."

Roubini, der wegen seiner düsteren Lagebeurteilung einst den Beinamen "Dr. Doom" (Dr. Untergang) erhielt, sah trotz der weiter andauernden Spannungen auf den Finanzmärkten auch Grund für Optimismus. Die Pläne von US-Präsident Barack Obama zur Bankenregulierung "gehen endlich in die richtige Richtung", sagte er. "Sie reichen aber nicht aus." Ein "Business as usual" dürfe es nicht geben.

Dagegen erklärte der Vorstandschef der britischen Standard Chartered Bank, Peter Sands, die Finanzindustrie sei aufgrund der verschärften Regulierung und Überwachung "von Grund auf umgewandelt worden". Er warnte davor, dass die Staaten durch eine Überregulierung in der Privatwirtschaft das Wachstum lähmten. Er sprach sich für einen Mittelweg aus.

Vier von fünf Unternehmenschefs weltweit gehen optimistisch in das Jahr 2010. Das geht aus einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers unter 1198 Vorstandsvorsitzenden in 52 Ländern hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. 31 Prozent der Befragten beurteilen die Geschäftsentwicklung in diesem Jahr sogar als "sehr optimistisch". Die Zuversicht sei in Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien aber weitaus ausgeprägter als in den Industrieländern.