Paris. Höchstens 2000 Frauen tragen in Frankreich die Burka - nicht viele für ein Land, in dem mit mehr als fünf Millionen Menschen die größte muslimische Gemeinde Europas zu Hause ist. Dennoch will nicht nur die konservative Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy den muslimischen Ganzkörperschleier verbieten. Nach sechs Monaten Beratungen sprach sich gestern auch ein Parlamentsausschuss für einen Burka-Bann in Behörden und staatlichen Einrichtungen aus. Über Reichweite und Weg zum Verbot wird aber weiter heftig gestritten.

Die parteiübergreifend besetzte Enquetekommission schlägt ein doppeltes Vorgehen vor: "Ganz Frankreich sagt Nein zur Vollverschleierung und verlangt, dass diese Praxis auf dem Gebiet der Republik verboten wird", soll es in einer Parlamentsresolution heißen. Diese wäre aber rechtlich unverbindlich. Deshalb soll ein Gesetz daneben jegliche Form der Vermummung in Bereichen unter staatlicher Kontrolle untersagen - ein Kniff, um das Burka-Verbot nicht als Diskriminierung von Muslimen erscheinen zu lassen und rechtlich angreifbar zu machen.

Bußgelder will die Kommission nicht, Burka-Trägerinnen soll aber der Zugang zu staatlichen Dienstleistungen verweigert werden: Sie könnten damit auf dem Sozialamt keine Anträge stellen oder sich ihren Pass verlängern lassen. Auch öffentliche Verkehrsmittel wären tabu. Bei einer strikten Anwendung könnten sie nicht einmal mehr einen Brief am Postschalter aufgeben oder ihre Kinder in einer kommunalen Tagesstätte abgeben. Und öffentliche Krankenhäuser müssten ihnen die Behandlung verweigern. Damit würde Frankreich deutlich weiter als im Jahr 2004 gehen. Damals hatte es nach einer langen "Kopftuch"-Debatte das Tragen auffälliger religiöser Zeichen in staatlichen Schulen verboten.

In praktisch allen Parteien weckt die Burka heute Befürchtungen einer schleichenden Radikalisierung des Islam. Dass die oppositionellen Sozialisten ihre Zustimmung zu dem Burka-Bericht verweigerten, hat deshalb keine grundsätzlichen Gründe. Viele Linke - wie auch Vertreter der Muslime - halten aber ein Gesetz für unnötig. Bei Sarkozys Konservativen wiederum stand das Votum auf der Kippe, weil die Empfehlungen einigen Abgeordneten nicht weit genug gingen.

Tatsächlich sprechen sich nach Umfragen zwischen 56 und 65 Prozent der Franzosen für einen Burka-Bann auch auf offener Straße aus. Doch dort stößt ein Vermummungsverbot womöglich an rechtliche Grenzen und könnte von den Verfassungshütern gekippt werden.