Brüssel. Bulgariens umstrittene Kandidatin für die EU-Kommission gibt nach heftiger Kritik an ihrer Person auf. Ihr Angebot, auch als Ministerin zurückzutreten, nahm der Premier jedoch nicht an. Nachfolgerin in Brüssel soll die bulgarische Vizepräsidentin der Weltbank, Kristalina Georgiewa, werden. Der Rücktritt Schelewas ist eine schwere Niederlage für die konservative Mehrheitspartei EVP, die bis zuletzt für ihre Kandidatin, die auch Vizechefin der europäischen Konservativen ist, gekämpft hatte. Schon vor fünf Jahren musste die EVP mit dem Italiener Rocco Buttiglione einen Kandidaten für die EU-Kommission zurückziehen.

Teile der konservativen Mehrheitsfraktion sinnen auf Rache und haben dafür die liberale Kommissarsanwärterin Neelie Kroes auserkoren. Der mächtige EU-Abgeordnete Werner Langen (CDU) sagte: "Für den Bereich Telekommunikation brauchen wir jemanden, der Visionen entwickelt. Neelie Kroes ist für diese Aufgabe nicht geeignet." Allerdings machte Kroes nach Darstellung aller Beteiligten bei ihrer "Nachprüfung" im Parlament, bei der sie die maßgeblichen Abgeordneten des Industrieausschusses erneut angehört haben, einen "hervorragenden Eindruck". Zuvor hatten die Konservativen versucht, die sozialistischen Kandidaten Maros Sefcovic (Slowakei) und die Maria Damanaki (Griechenland) unter Druck zu setzen - vergeblich.

Nach dem Rückzug Schelewas, die unvollständige Angaben zu Firmenbeteiligungen gemacht haben soll, dürfte wieder Ruhe einkehren ins Parlament. Das fordert auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso. Er lehnt eine Neuverteilung der Ressorts, bei der die EVP als Ausgleich für den Rückzug von Schelewa begünstigt würde, kategorisch ab. Barroso hat jetzt vor allem ein Ziel: Die Abgeordneten sollen seiner neuen Kommission möglichst schnell zustimmen. Laut Plan soll die Anhörung von Georgiewa am 3. Februar stattfinden. Eine Woche später soll die neue EU-Kommission ernannt werden.

Der Fraktionschef der Konservativen, Joseph Daul, bedauerte die Entscheidung Schelewas. "Sie ist das Opfer eines kleinlichen Krieges geworden." Sein sozialistischer Kollege Martin Schulz erklärte hingegen: "Das war das Beste, auch für sie selbst." EU-Parlamentsvizechefin Silvana Koch-Mehrin sagte, Schelewa wäre als Kommissarin beschädigt gewesen.

Bis zum gestrigen Vormittag war das Schicksal Schelewas unklar. Am Montagabend hatte eine bulgarische Internetseite Dokumente veröffentlicht, die nach den bereits vom juristischen Dienst des EU-Parlaments untersuchten Vorwürfen weitere illegale Nebentätigkeiten der Politikerin belegen sollen. "Dass bei diesen Geschäften auch die ehemaligen kommunistischen Geheimdienste im Spiel sein sollen, hat ihr wohl das Genick gebrochen", so ein EU-Diplomat.