Kairo. Die Gläubigen standen nach dem Gottesdienst in der Nacht noch auf der Straße zusammen und plauderten, als plötzlich ein grüner Fiat mit drei Männern auf sie zuraste. Zwei von ihnen feuerten wahllos auf die jungen Christen. Sechs von ihnen und ein muslimischer Wachmann wurden getötet. Mindestens neun weitere Menschen erlitten schwere Verletzungen. Es war der folgenschwerste Angriff auf koptische Christen in Ägypten seit zehn Jahren

"Gütiger Gott, richte diejenigen, die diese Märtyrer auf dem Gewissen haben, die für Jesus gestorben sind", schreibt eine fromme koptische Christin in einem Internetforum der ägyptischen Glaubensgemeinschaft kurz nach der Attacke. Doch einige Anhänger des koptisch-orthodoxen Glaubens wollen zunächst einmal Sicherheit und Gerechtigkeit im Diesseits. Sie verlangen, dass sie der ägyptische Staat besser vor der kleinen Minderheit fanatischer Muslime schützt, die Christen wegen ihrer Religionszugehörigkeit tötet.

Die Polizei sei auch schuldig am Tod der jungen Männer, erklärte Bischof Kirollos. Er sei vermutlich selbst das Ziel der Täter gewesen und habe die Polizei vor der orthodoxen Weihnachtsmesse persönlich gewarnt, sagte er. Doch die Beamten hätten nicht die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen.

Die ägyptische Regierung und die koptische Amtskirche beschwören in der Öffentlichkeit stets das Bild einer toleranten multikonfessionellen Gesellschaft. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Viele Kopten fühlen sich angesichts der zunehmenden Islamisierung des ägyptischen Alltags inzwischen als Bürger zweiter Klasse.

Erst im November war es zu gewaltsamen Übergriffen auf Christen gekommen, nachdem ein junger Kopte festgenommen worden war, der ein muslimisches Mädchen vergewaltigt haben soll. Ob der Verdächtige die Tat begangen hat, ist noch unklar. Die Ermittlungen dauern an. Aus Sicherheitskreisen in Kena hieß es unterdessen, der Hauptschuldige für die jüngste Attacke sei namentlich bekannt. Die Polizei fahnde nun mit Hochdruck nach ihm und seinen zwei Mittätern. "In Nag Hammadi sind inzwischen so viele Einsatzkräfte unterwegs, dass der Ort wie eine Militärkaserne aussieht", sagte ein Beobachter. Kurz nach der Tat kam es in Nag Hammadi zu Protesten koptischer Christen. Diese hätten zwei Krankenwagen und ein Auto zerstört, teilten die Sicherheitskräfte mit. Die Polizei habe sie mit Tränengas auseinandergetrieben.