Nach Treffen mit Geheimdienstchefs im Weißen Haus sagte der US-Präsident: “Das System hat desaströs versagt.“

Hamburg. Als Konsequenz aus dem vereitelten Flugzeuganschlag von Detroit plant die US-Regierung eine umfassende Überprüfung ihrer Sicherheitsvorkehrungen für den Luftverkehr. Nach einem "Sicherheitsgipfel" mit den Chefs der 16 US-Geheimdienste und mehreren Ministern im Weißen Haus forderte Barack Obama gestern ein "schnelles Handeln", um die Lücken im amerikanischen Sicherheitssystem zu schließen. Der sichtlich verärgerte US-Präsident: "Das System hat auf desaströse Weise versagt." Dass der mutmaßliche Attentäter überhaupt so weit gekommen sei "und nicht an seinem Flug gehindert wurde", habe nicht daran gelegen, dass es keine Informationen gegeben habe, "sondern, dass diese Informationen nicht weitergegeben wurden. Es ist meine Verantwortung herauszufinden, warum, und den Fehler zu korrigieren, damit wir solche Attacken künftig verhindern können." Obama kündigte eine Überarbeitung für das System der "Roten Listen" für Terrorverdächtige an. "Wir müssen das besser machen, und wir werden es besser machen!" Unklar blieb nach dem Krisentreffen, warum vor dem verhinderten Attentat am ersten Weihnachtstag unterschiedliche Warnungen und Hinweise nicht ernst genug genommen worden waren. Der Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab (23), der an Bord der Delta/Northwest-Airlines-Maschine kurz vor der Landung in Detroit einen Sprengsatz zu zünden versuchte, war seit Ende November in einer US-Datenbank mit rund 550 000 Terrorverdächtigen registriert. Zudem hatte sein Vater die US-Behörden gewarnt. Dennoch wurden für Abdulmutallab weder verschärfte Kontrollen noch ein Flugverbot erlassen.

An dem Treffen in den abhörsicheren Räumen des Weißen Hauses nahmen gestern unter anderen CIA-Direktor Leon Panetta, der Chef der Nationalen Nachrichtendienste, Dennis Blair, FBI-Direktor Robert Mueller sowie Obamas Berater für Sicherheit und Terrorismus, James Jones und John Brennan, teil. Präsidentenberater Bill Burton sagte, es würden in den USA sämtliche Beobachtungslisten kontrolliert, auf denen Verdächtige vermerkt sind, die nicht an Bord eines US-Flugzeugs steigen dürfen. Es sei möglich, dass zuvor "Tausende Namen" von den Listen entfernt und auf Dutzende andere Listen übertragen worden seien. Ob Obama auch personelle Konsequenzen zieht, blieb zunächst unklar. Vor allem CIA-Chef Panetta steht unter Druck: wegen der Pannen des vereitelten Detroit-Attentats und wegen des jüngsten Anschlags auf eine CIA-Basis in Afghanistan, bei der sieben CIA-Männer getötet worden waren - einer der schlimmsten Verluste in der Geschichte der CIA. Der Täter soll für den jordanischen Geheimdienst gearbeitet haben und zugleich Befehle des Terrornetzwerks al-Qaida ausgeführt haben. Mehr als ein Jahr habe der Doppelagent die Jordanier und die USA genarrt. Obama hatte al-Qaida auch für den Detroit-Anschlag verantwortlich gemacht. Die Terrororganisation habe Abdulmutallab im Jemen ausgebildet. Dort habe er auch den Sprengstoff bekommen. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte der Präsident.

Zuvor hatte US-Außenministerin Hillary Clinton die "Instabilität" des Jemen als Bedrohung für die "regionale und die weltweite Stabilität" bezeichnet. Dennoch ist die wegen Anschlagsdrohungen geschlossene US-Botschaft in der Hauptstadt Sanaa gestern wieder geöffnet worden. Der Schritt folge auf einen "erfolgreichen Einsatz" jemenitischer Sicherheitskräfte, teilte die Botschaft mit. Innerhalb von zwei Tagen seien landesweit fünf "Terroristen" dingfest gemacht worden.

Die britische Regierung wies Vorwürfe zurück, sie habe Informationen über Abdulmutallab, der von 2005 bis 2008 in London studierte, nicht an die USA weitergeleitet.