Brüssel. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat getragen von der ganzen Würde seines neuen Amtes das Handelsjahr an der Brüsseler Börse eingeläutet. Punkt 9 Uhr hat er die Glocke angeschlagen. "Jedes Jahr ist anders", sagte er und fügte mit Blick auf die anhaltende Krise hinzu: "Dieses Jahr birgt seine eigenen Überraschungen." Ökonomisch sollte 2010 ein besseres Jahr sein als das vorangegangene. Für den 11. Februar hat er einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs nach Brüssel einberufen, um über die Überwindung der Wirtschaftskrise zu sprechen.

Die erste Überraschung des Jahres kam aus Athen. Griechenland hat die Vorstellung seines mit Verve angekündigten radikalen Sparprogramms auf morgen vertagt. Das zunächst auf vier Jahre ausgelegte "Schock-Sparprogramm", wie es in Griechenland genannt wird, soll nicht vorzeitig in Einzelheiten bekannt werden, bevor es der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank vorgestellt wird, heißt es offiziell. Die Presse spekulierte dagegen, die EU sei bereits informiert worden und habe Bedenken über die Effektivität dieses Sparprogramms geäußert.

In der großen politischen Linie strebt Van Rompuy eine "rasche und rigorose" Umsetzung des Reformvertrags von Lissabon an. Er könne dabei im ersten Halbjahr 2010 auf die Unterstützung des spanischen Regierungschefs José Luis Rodríguez Zapatero als turnusmäßigem EU-Ratsvorsitzenden zählen, heißt es in einem Beitrag beider Politiker für die Madrider Zeitung "El País". Der Christdemokrat Van Rompuy und der Sozialist Zapatero verpflichten sich darin zu einer engen Zusammenarbeit: "Wir werden die Konsolidierung der neuen Führungsstruktur der EU mit absoluter Loyalität und im Geiste der Kooperation vorantreiben."

Die EU stehe vor vielen Herausforderungen. Neben der Überwindung der Wirtschaftskrise gelte es, die Rolle der EU in der Welt zu stärken und mehr Bürgernähe zu schaffen. Zwar gebe es inzwischen eine Währungsunion und einen gemeinsamen Markt. Von einer wirtschaftlichen Union sei die EU aber noch weit entfernt. Der Lissabon-Vertrag mache die EU nach außen sichtbarer. Sie spreche nun mit einer geeinteren und lauteren Stimme. Dies werde dazu beitragen, ihre Führungsrolle in der Welt zu festigen.

Der spanische EU-Vorsitz ist der erste nach den Regeln des Lissabon-Vertrages. Das Sagen hat nun der Belgier Van Rompuy, Zapatero als turnusmäßiger Ratsräsident muss sich in seinem Amts-Halbjahr zurücknehmen. Spanien vertritt die 27 Mitgliedsländer der EU auch nicht in außenpolitischen Fragen. Das macht nun die Britin Catherine Ashton als neue EU-"Außenministerin".