Berlin/Teheran. Ein Polizeiauto überrollt im Iran mehrfach einen friedlichen Demonstranten. Der Neffe von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi wird hinterrücks erschossen - solche Szenen rüttelten die Welt auf. Wie reagieren Iraner im Exil und im Land selbst? Wie kann die Zukunft des Iran aussehen? Eine Dokumentation.

Badi Badiozamani lebt seit 22 Jahren in Kalifornien, promovierter Politikwissenschaftler und Leiter des Zentrums für ost-westliche Verständigung in San Diego, Iran-Analyst für CNN:

"Ich bin schockiert über das, was ich jeden Tag im Internet und durch Kontakte in den Iran erfahre. Zwölf Stunden pro Tag kreisen meine Gedanken um die demokratische Bewegung. Aus den fernen USA können wir Exil-Iraner unsere Landsleute nur moralisch unterstützen und von Präsident Barack Obama fordern, dass er die Bewegung unterstützt, weil eine demokratische Regierung im Iran der einzige Garant für Stabilität in der Region am Persischen Golf, in Irak, Afghanistan, Libanon, Gaza und Jemen ist. Kein theokratisches Regime lässt sich von innen reformieren. Es erscheint mir unmöglich, dass sich die Reformer mit den Machthabern an einen Tisch setzen. Dazu ist es zu spät. Zwei Dinge sind zu tun: die gleiche Politik gegenüber Iran anwenden wie gegen das Apartheitsregime in Südafrika: Desinvestition und kluge Sanktionen. Außerdem den gesamten Iran mit kabellosem Internet ausstatten - via Satellit. Dann werden die Menschen dort den Rest erledigen."

Eine Ingenieurin aus Teheran , 23, regelmäßige Teilnehmerin an friedlichen Protesten: "Das schlecht funktionierende Internet, welches das Regime gezielt verlangsamt hat, und die Störung der Auslandssender via Satellit sind für uns im Moment zwar ein großes Problem. Aber wir Iraner sind findig genug, Wege zu finden, wie sich Verbote umgehen lassen. Schwermütiger sind die Gedanken, die ich mir über die Zukunft mache: Wir alle sind hier zutiefst deprimiert. Auch wenn wir uns niemals entmutigen lassen und weiter für unsere legitimen Rechte kämpfen werden: Aus der Euphorie, das Land durch unser mutiges Engagement verändern zu können, ist die Einsicht geworden, dass die Radikalen uns friedlich Protestierende schlagen, einsperren und auf der Straße töten."

Ruhollah Nedschabad , 25, Student der Politikwissenschaften in Shiraz, stammt aus einer angesehenen traditionell-religiösen Familie, sein Onkel ist Hussein Nedschabad, radikalkonservativer Abgeordneter im Parlament, der jedoch Regierungschef Ahmadinedschad scharf kritisiert: "Es sind unsere Feinde aus anderen Ländern, die unser Land gezielt zerstören wollen. Ich habe Informationen, dass die USA uns angreifen wollten - doch nach unserer Großdemonstration vom Mittwoch haben sie dies nicht mehr gewagt. Saudi-Arabien unterstützt die Protestbewegung finanziell - ihnen und den westlichen Ländern ist unsere Regierung schon lange ein Dorn im Auge. Sie wollen diese mit allen Mitteln stürzen. Aber das können sie nicht. Selbst wenn die ganze Welt die Islamische Republik stürzen wollte - sie würde es nicht schaffen, weil Gott uns beschützt. Die grüne Welle ist viel kleiner geworden. Dafür hat sie sich stark radikalisiert. Es hat keinen Sinn, sich mit Vertretern der Protestbewegung an einen Tisch zu setzen und über die Zukunft zu verhandeln. Sie können nach dem Gesetz legal Parteien bilden - und Demonstrationen zur Genehmigung anmelden. Geschieht dies nicht, sind ihre Proteste illegal, und das erfordert hartes Durchgreifen."

Mehdi Kamali , Bauingenieur-Student in Teheran, 25: "Die Sicherheitskräfte haben es bisher nicht geschafft, ihre Arbeit ordentlich zu erledigen und hart gegen die illegalen Demonstrationen durchzugreifen. Wir hoffen, dass sich dies nach unserer legalen Demonstration für die Regierung ändert. Dort haben wir Iraner gezeigt, dass wir hinter Ajatollah Chamenei stehen und wollen, dass er unser Führer und oberster Rechtsgelehrter bleiben muss. Wenn der Staat und die Justiz ihre Arbeit in Zukunft nicht ordentlich erledigen und nicht genehmigte Demonstrationen nicht sofort und ohne Rücksicht niederschlagen, dann werden wir das tun. Denn unsere Geduld ist nicht unendlich."