Hamburg/Ghom. Er galt als unbequemer Querdenker, als Stachel im Fleisch des Mullah-Regimes und als Symbolfigur für den Widerstand gegen die Regierung in Teheran. Nun ist Großajatollah Hussein Ali Montaseri nach langer Krankheit im Alter von 87 Jahren in der den Schiiten heiligen Stadt Ghom gestorben. Dort soll er heute beigesetzt werden; zu den Trauerfeierlichkeiten werden Tausende Menschen erwartet, vor allem Anhänger der Opposition.

Montaseri, 1922 in Nadschaf geboren, starb in seinem Haus in der Theologen-Hochburg Ghom, dort, wo er vor mehr als 60 Jahren zusammen mit dem späteren Religionsführer Ajatollah Ruhollah Khomeini den Sturz des Schah-Regimes geplant hatte. Montaseri, der unter dem Schah mehrere Jahre in Haft saß, war einst engster Mitarbeiter Khomeinis, Mitglied im mächtigen Revolutionsrat und 1985 sogar als Nachfolger Khomeinis auserkoren gewesen. Im August 1981 hatte Montaseri über Ägyptens Präsidenten Anwar al-Sadat, der es unternahm, sein Land mit Israel auszusöhnen, noch gesagt: "Der Feindagent Sadat muss beiseite geschafft und ein islamisches Regime in Ägypten errichtet werden." Kurz darauf wurde Sadat von Radikalen ermordet.

Doch kurz vor Khomeinis Tod fiel er beim Alten von Ghom in Ungnade. Montaseri hatte die massiven Menschenrechtsverletzungen nach der Revolution offen kritisiert. Davon wollte Khomeini nichts hören. Nach dem Tod des Revolutionsführers 1989 wurde nicht Montaseri sein Nachfolger, sondern Ajatollah Ali Chamenei.

Montaseri wandelte sich danach sogar zum Regimekritiker - was ihm ab 1997 von Chamenei einen zehn Jahre währenden Hausarrest eintrug. Nur sein hoher Rang als Großajatollah und als "Mardschae Taghlid" (Quelle der Nachahmung) sowie sein Bekanntheitsgrad sorgten dafür, dass ihm nichts Schlimmeres widerfuhr.

In jüngster Zeit machte Montaseri der Opposition wieder Mut und attackierte das Regime des erzreaktionären Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad immer härter. Am 12. Juni erließ der Goßajatollah gar eine höchst brisante Fatwa in Bezug auf die umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahlen, bei denen Ahmadinedschad gewonnen haben will: "Sollte ein Verantwortlicher seine weltlichen und religiösen Pflichten versäumt und das Vertrauen des Volkes missbraucht haben, gelte er automatisch als abgesetzt. Sollte er jedoch versuchen, durch Gewalt, Lug und Trug sich an der Macht zu halten, seien die Gläubigen verpflichtet, mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln ihn abzusetzen." Dieser Verpflichtung dürfe sich kein Gläubiger entziehen.

Montaseri warf dem Präsidenten vor, diktatorisch zu regieren.

Die iranische Opposition hat mit Montaseri ihren wohl gewichtigsten Fürsprecher verloren.