Rom. Massimo Tartaglia (42) aus Cesano Boscone, der den italienischen Premierminister Silvio Berlusconi (73) mit einem Marmormodell des Mailänder Doms im Gesicht mehr böse als schwer verletzte, ist geistesgestört, das zumindest ist jedermann klar in dem Schock, der Italien urplötzlich über alle Sender aus der behaglichen Vorweihnachtszeit gerissen hat. "Ich sah ihn und habe einfach geworfen", wusste der verwirrte Grafiker im Verhör lediglich als Motiv für das Attentat anzugeben. Er war nicht ferngesteuert, es sei denn von der extrem aufgeheizten Stimmung der Wahlkampfveranstaltung, in der sich die Gewalttat aus seiner labilen Seele löste wie ein Funke von einem lodernden Feuer. Wüste Beschimpfungen ("Clown" etc.), Hass und bittere Vorwürfe hatte es schon auf den Premier geregnet, bevor ihn der Marmorklotz auf Mund und Nase traf, nur wenig an seinem linken Auge vorbei. Er hatte davor seinen Gegnern wieder einmal "Hass und Missgunst" vorgeworfen und Italiens (linken) Richtern allesamt Parteilichkeit. Nun will die Schockstarre auch viele Stunden nach dem Anschlag nicht aus dem Land weichen.

In Italien gibt es keine einzige Stimme von Belang von ganz links bis ganz rechts, die den Angriff nicht scharf verurteilt hat. Doch eine Facebook-Seite, die für den Attentäter von unbekannt eröffnet wurde, konnte schon nach Stunden über 55 000 Fans und Freunde zählen. Deshalb fürchten in Italien viele, dass das Attentat vielleicht nur der vorläufige Gipfel einer weiteren schroffen politischen Polarisierung sein könnte, unter der das Land immer schlimmer und heilloser leidet.

Der psychisch kranke Mann hat sich indes gestern für seine Tat entschuldigt. Er erkenne sich in diesem "oberflächlichen, feigen und unüberlegten" Angriff nicht wieder, heißt es in einem von seinen Anwälten veröffentlichten Brief. Tartaglia versicherte, er habe allein gehandelt und gehöre keiner bestimmten politischen Richtung oder militanten Bewegung an. Jetzt sitzt er in einer Einzelzelle, wird rund um die Uhr überwacht. Ein Justizsprecher: "Der Mann ist seit Jahren in psychiatrischer Behandlung, polizeilich aber nicht bekannt." Ihm droht eine Haftstrafe zwischen fünfeinhalb Monaten und fünf Jahren.