Bei einer der seit Jahren schwersten Anschlagsserien starben in der irakischen Hauptstadt mehr als 100 Menschen, fast 200 wurden verletzt.

Bagdad. Bei einer der seit Jahren schwersten Anschlagsserien sind in der irakischen Hauptstadt Bagdad weit über 100 Menschen ums Leben gekommen. Die Polizei sprach am Dienstag von mindestens 112 Menschen, die Selbstmordattentäter mit sich in den Tod gerissen hätten. Fast 200 Personen wurden verletzt. Die Anschläge im Zentrum und im Süden der Hauptstadt richteten sich unter anderem gegen mehrere Regierungsgebäude. Die Attentate wurden wenige Tage vor der Versteigerung von Öllizenzen verübt, zu der sich Spitzenmanager zahlreicher Ölmultis angemeldet haben.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle verurteilte die Anschläge als offenkundigen Versuch, den Prozess der politischen Stabilisierung im Irak zu erschüttern. „Nicht Gewalt, nur Dialog und Aussöhnung können eine friedliche Zukunft für alle Menschen im Irak ermöglichen“, erklärte er.

„Sekunden vor der Explosion waren wir in einen Laden gegangen. Die Decke stürzte ein und begrub uns. Wir wurden bewusstlos. Dann hörte ich überall Schreie und Sirenen“, berichtete einer der 197 Verletzten. Über den Anschlagorten stand dichter Rauch. Tote wurden in schwarzen Leichensäcken weggebracht.

Die Attentäter zündeten ihre Bomben vor einem Gerichtsgebäude, einer Ausbildungsstätte für Rechtsreferendare und einem Ausweichquartier des im August bei einem Anschlag verwüsteten Finanzministerium. Die erste Bombe ging im Stadtteil Dura im Süden Bagdads hoch.

Von der Wucht der Detonationen wurde das auch Ölministerium erschüttert, das für die Versteigerung der Bohrlizenzen zuständig ist. Arbeiter, die das Gebäude für die Auktion herrichteten, flohen in Panik, kehrten aber bald zurück. Das Ministerium erklärte, es werde die Versteigerung am Freitag und Samstag nicht absagen. Die Entwicklung neuer Ölfelder soll Geld in die Kassen für den Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Landes schwemmen.

Ministerpräsident Nuri al-Maliki bezeichnete die Attentäter als Feinde des Volkes, die das Land destabilisieren wollten. Die Anschläge seien erfolgt, kurz nachdem das Parlament endlich die letzten Hürden auf dem Weg zu Wahlen überwunden habe. Für ähnliche Attentate wurden in der Vergangenheit sunnitische Extremisten der Al-Kaida sowie Anhänger der verbotenen Baath-Partei des früheren Diktators Saddam Hussein verantwortlich gemacht.

Präsident Dschalal Talabani setzte derweil den 7. März als Termin für die Parlamentswahl fest. Zuerst war der 6. März genannt worden. Die Abstimmung gilt als Meilenstein für das Land, das im Juni 2003 von US-geführten Truppen besetzt wurde. Die US-Soldaten sollen bis zum Ende 2011 abziehen.

Bei der letzten schweren Anschlagserie waren Ende Oktober 155 Menschen getötet worden. Damals waren Sprengsätze vor dem Justizministerium und dem Büro des Gouverneurs der Hauptstadt hochgegangen. Dieser und weitere schwere Anschläge deuten auf einen Taktikwechsel sunnitischer Extremisten, denen die Taten angelastet werden. Statt auf viele setzen die Kämpfer der Al Kaida nur auf wenige, dafür aber folgenschwere Anschläge gegen schwer gesicherte Regierungsgebäude.