Brüssel. Wer ist Catherine Ashton? Was will die neue EU-Außenministerin? Was denkt sie über die Konflikte der Welt? Zwei Stunden war Ashton bei einer Anhörung im EU-Parlament. Sie saß unter einem braunen Baldachin mit 27 Länderfahnen. Sie machte sich fleißig Notizen auf einem kleinen Block und redete jeden Abgeordneten, der fragte, mit Namen an. Aber Antworten gab sie nicht.

"Die erste Anhörung war enttäuschend", sagte der Abgeordnete Elmar Brok (CDU). Ashton war eine Frau ohne Botschaften.

Aber konnten die Abgeordneten wirklich mehr erwarten? Die 53-jährige Britin hat keine außenpolitische Erfahrung, sie arbeitete noch vor acht Jahren in einer Gesundheitsbehörde in Hertfordshire, zuletzt war sie EU-Handelkommissarin. Und Ashton ist erst seit zwei Tagen im Amt. Trotzdem wollten sie die Abgeordneten "grillen", wie ein Parlamentarier sagte. Sie fragten nach Honduras, Kuba, dem Iran, Somalia, den Freihandelsabkommen mit Kolumbien, die "5 plus 1-Initiative" in Bosnien, den Goldstein-Bericht, Maßnahmen zur Rettung der Arktis, Russland, Georgien und zur Situation der Frauen in der EU. Ashton machte den Parforceritt durch die Weltgeschichte nicht mit: "Am Tag zwei kenne ich mich noch nicht mit allem aus."

Sie wich aus ("Wir werden das bald diskutieren") oder antwortete gar nicht. Manchmal machte sie Andeutungen: "Wir dürfen im Falle des Iran auch Sanktionen nicht ganz ausschließen." "Frau Außenministerin, was halten Sie von Obamas Version einer atomwaffenfreien Welt?" fragte ein Abgeordneter aus Italien. "Das ist ein äußerst komplizierter Prozess", antwortete die neue Chefdiplomatin. Mehr war nicht drin.

Ashton wollte an diesem Morgen nett sein. Sie sagte: "Es ist eine große Ehre vor Ihnen sprechen zu dürfen. Meine Türen stehen immer offen." Das hörten die Abgeordneten gerne. Sie fühlen sich seit Jahren beim großen Spiel auf der EU-Bühne als ewige Zweite, nicht genügend beachtet von Regierungen, Kommission und Wählern. Das nagt an den Parlamentariern.

Darum hatten sie auch auf der Anhörung Ashtons bestanden - als ein Akt des Respekts - immerhin ist die neue Außenministerin ja auch Vizepräsidentin der EU-Kommission und damit vom Parlament abhängig. Am Ende der Inszenierung war niemand schlauer. "Bei der Anhörung im Januar erwarten wir hier konkretere Antworten", drohte der FDP-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff. Dann dürfte es ungemütlich werden für Ashton. Das weiß sie auch. "Sie werden dann klare Antworten erhalten", sagte sie. Trotzdem dürften die Abgeordneten am Ende für die erste europäische Außenministerin stimmen - eine neue EU-Krise will niemand. Immerhin gab Ashton eine Kostprobe ihres sarkastischen Humors: "Es mag sein, dass ich nicht Ihre Wahl bin, Herr Tannock, aber ich bin die Wahl von 27 Mitgliedsstaaten", belehrte sie den britischen Konservativen Charles Tannock.

Dem Chef des Auswärtigen Ausschusses, Gabriele Albertini, dankte Ashton: "Ihre Großzügigkeit kennt keine Grenzen." Der Italiener hatte ihr genau fünf Minuten eingeräumt, um 14 Fragen zu beantworten. Da staunten die Abgeordneten dann doch.